Merken

Erfolg mit Schwarzwaldstollen

Der Glashütter Bäcker Joachim Lehmann hat einen Treffer gelandet. Das ermutigt ihn, weiter Neues zu probieren.

Teilen
Folgen
© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Glashütte. Auf den ersten Blick sieht er wie ein normaler Rosinenstollen aus. Wer aber genauer hinschaut, sieht die Unterschiede. An den Seiten gucken nicht Rosinen, sondern rote Früchte hervor. Und unter dem weißen Butter-Zucker-Mantel schimmert eine Schokoladenschicht durch. „Das ist mein Schwarzwaldstollen“, sagt Joachim Lehmann. Kreiert hat er ihn bereits im vorigen Jahr. „Wir Bäcker experimentieren gern“, sagt der Glashütter. So hat er auch schon mal einen Stollen mit Cranberrys gebacken. Doch bei der Kundschaft kam der nicht so an, wie es sich Lehmann das erhofft hatte. Deshalb wurde dieser Stollen aus dem Programm genommen.

Verkäuferin Manuela Geißler hat einen der beiden Kirschstollen bekommen, die Joachim Lehmanns Sohn Konrad von Schramberg zurückgebracht hat.
Verkäuferin Manuela Geißler hat einen der beiden Kirschstollen bekommen, die Joachim Lehmanns Sohn Konrad von Schramberg zurückgebracht hat. © Egbert Kamprath

Im letzten Jahr wagte er einen neuen Versuch. Statt Rosinen hob er kandierte Kirschen und Schokotropfen in den Teig. Die Idee, es damit mal zu versuchen, erhielt er aus Schramberg. Zu der Stadt im Schwarzwald unterhält Glashütter partnerschaftliche Beziehungen – dazu gehören auch gegenseitige Besuche in der Vorweihnachtszeit. Dabei wurden die Schramberger auch zum Stollenkosten eingeladen. Irgendwie waren sie davon angetan, aber eben nicht so richtig. Den Lehmanns gab sie den Tipp, es mal mit Kirschen zu probieren. „Wir haben uns darauf eingelassen“, erinnert sich der 65-Jährige. Lange habe er nicht herumexperimentiert. Die kandierten Kirschen, die die Rosinen ersetzen sollte, sind übliche Zutaten vieler Bäcker. „Die nehmen wir zum Verzieren von Konditoreiwaren“, sagt Lehmann. Weil diese aber in Sirup eingelegt sind, und daher sehr süß sind, hat er sie zunächst mit Wasser ausgewaschen und dann in Kirschwasser gelegt. „Das ist ein Obstbrand, der im Schwarzwald gern getrunken wird“, erklärt der Bäcker. Das mag auch der Grund sein, weshalb die Schwarzwaldstollen den Württembergern so gut schmecken.

Vom Weihnachtsmarkt in Schramberg brachte Lehmanns Sohn Konrad nur zwei Stollen zurück. Den einen hat Lehmann dann verkauft, den anderen hat Verkäuferin Manuela Geißler bekommen. Lehmann ärgert sich ein bisschen, dass er nicht mehr Schwarzwaldstollen gebacken hat, um ihn auch den Glashüttern anbieten zu können. „Im nächsten Jahr werde ich das machen“, sagt er. Dann will er den Kirsch-Schoko-Stollen auch zum Test des Stollenverbandes Erzgebirge schicken. Dem gehört Joachim Lehmann seit dessen Gründung im Jahr 2011 an. Eigentlich hätte er lieber dem Schutzverband Dresdner Stollen angehört. „Wir backen unseren Stollen ähnlich wie die Dresdner Bäcker“, sagt er. Doch in den Verband werde er als Glashütter nicht aufgenommen. Dem dürfen nur Bäcker aus Dresden, Pirna, Coswig, Freital und Heidenau angehören. Die Grenzen wurden bei der Gründung recht willkürlich gezogen, sagt Lehmann. Denn Bäcker aus Dohna haben auch keine Chance.

Weil er nicht im Dresdner Verband mitmachen kann, schloss er sich dem Stollenverband Erzgebirge an. Dieser hat eigene Regeln aufgestellt, besitzt eine eigene Schutzmarke und wirbt mit dem Spruch „Mit Engelsgeduld gebacken“. Um die Wiedererkennung zu erhöhen, entstand auch ein hübsch gestalteter Standardkarton. „Wer genau hinsieht, erkennt den Kahleberg“, sagt Lehmann. Allerdings sei die Landschaftsabbildung seitenverkehrt. Wenn sein Kirsch-Schoko-Stollen den Test besteht, dann will ihn Lehmann im nächsten Jahr in diesen Kartons verkaufen. Vielleicht zahlt sich die nicht gerade billige Mitgliedschaft im Verband aus. Bisher ist das eher ein Nullsummenspiel. Die Ausgaben, die Lehmann hat, unter anderem kostet die Jahresmitgliedschaft 400 Euro, holt er gerade so raus. „Auf längere Zeit wird sich das auszahlen“, gibt sich der Glashütter Bäcker zuversichtlich.

Er ist überzeugt, dass ihm der Verband mit seiner Werbung langfristig nützt. Doch Werbung allein reicht nicht, um im harten Bäckerwettbewerb bestehen zu können. Das weiß der Bäcker all zu gut. Schließlich ist er seit 49 Jahren im Geschäft. Die Kunden erwarten Qualität und ab und zu mal was Neues. Gut gefahren sei er mit französischen Backwaren, die es bei ihm immer sonnabends gibt. „Den Teig für die Croissants knete ich selbst“, sagt er. Nach dem Erfolg des Schwarzwaldstollens fühlt sich Lehmann ermutigt, in naher Zukunft wieder was Neues zu probieren. Eine Idee auch er schon. Er möchte italienische Backwaren anbieten. Den Anstoß dafür gab es auf einer Weiterbildung in Dresden. Dort stellte ein Italiener Spezialitäten vor, die Lehmann gern nachbacken würde.

Die Lust am Backen hat Joachim Lehmann, der das Geschäft in der vierten Generation führt, trotz seines Alters nicht verlassen. „Ich würde gern 20 Jahre jünger sein“, sagt der 65-Jährige. Klagen will er aber nicht. „Ich fühle mich gesund“, sagt er. Und er hat treue Stammkunden.