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Erneut Rechenfehler bei Diesel-Abgasen

Ein Mathematiker wirft dem Umweltbundesamt Rechenfehler für Gefährlichkeit und Todesfälle durch Stickoxide vor.

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© Hendrik Schmidt/dpa (Symbolbild)

Hamburg. Die Debatte um Dieselfahrverbote und Gesundheitsgefahren durch Stickstoffdioxid (NO2) nimmt weiter Fahrt auf: Nach der Kritik von mehr als 100 Lungenärzten und Ingenieuren an Grenzwerten und Messverfahren kritisieren nun auch Mathematiker die Berechnungen des Umweltbundesamtes. Wie der Norddeutschen Rundfunk (NDR) jetzt mitteilt, werden sie darüber im ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus am Freitag berichten.

Die Mathematiker werfen dem Münchener Helmholtz-Institut vor, in seiner umstrittenen Studie für das Umweltbundesamt ohne wissenschaftliche Grundlage übertriebene Ängste zu schüren. In der Studie ist von mehr als 6.000 vorzeitigen Todesfällen durch Stickstoffdioxid die Rede. „In diesem Report wird eine Formel verwendet, die falsch ist“, sagt Mathematikprofessor Peter Morfeld von der Ruhr-Universität Bochum. „Wir können diesen Daten in dem Bericht des Umweltbundesamtes nicht trauen. Eine solche Aussage ist Unsinn.“ 

Die Studie wurde auch in der Debatte um Fahrverbote für Diesel-Pkw als Argument verwendet. Im Interview mit dem ARD-Wirtschaftsmagazin „Plusminus“ wirft der habilitierte Epidemiologe und Mathematiker Morfeld dem Helmholtz-Institut vor, eine in der Mathematik gebräuchliche Formel, die sogenannte AF-Formel (Attributale Fraktion), falsch angewendet zu haben. Für eine Errechnung vorzeitiger Todesfälle fehle die notwendige Datengrundlage. Um vorzeitige Todesfälle durch Stickstoffdioxid bestimmen zu können, müsse jeder Person, die beurteilt werden soll, ein statistischer Zwilling zugeordnet werden.

Das Umweltbundesamt (UBA) geht dem NDR zufolge offen mit der Kritik um und will die Anwendung der Formel nun überprüfen. Die Frage sei dabei nicht, ob die Formel falsch oder richtig sei. Bezweifelt werde lediglich, ob sie auch für die Ableitung vorzeitiger Todesfälle verwendbar ist, wie von der WHO empfohlen. 

Hierfür stünde das Umweltbundesamt mit dem US-amerikanischen Institute for Health Metrics and Evaluation aus Seattle in Kontakt, das auf dem Gebiet der Krankheitslaststudien weltweit führend sei. Dort werde die kritisierte Formel ebenfalls angewendet. Eine endgültige Position werde das UBA erst im Anschluss einnehmen.

Die Lungenärzte um den früheren Chef der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie Dieter Köhler haben nach einem Bericht der tageszeitung (taz) inzwischen ihre Kritik an der Diesel-Studie korrigiert. Dieter Köhler hat seinerseits Fehler bei der Berechnung von Feinstaubbelastungen von Rauchern und falsche Ausgangswerte über den tatsächlichen Schadstoffgehalt von Zigaretten eingeräumt. Auch der Mathematiker Peter Morfeld hat die Berechnungen der Lungenärzte überprüft. Dem NDR bestätigte er den Rechenfehler. Der habe aber keine prinzipielle Auswirkung auf die Aussagen der Lungenärzte. (NDR/SZ)