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Erst aufdringlich, dann gewalttätig

Ein junger Serbe schlug beim Stadtfest einem jungen Mann und einem Mädchen mit der Faust. Er muss trotz Bewährung aber nicht ins Gefängnis.

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© K.-D. Brühl

Von Manfred Müller

Großenhain. So richtig können weder der Angeklagte noch die Geschädigten erklären, was nun die tiefere Ursache für die Auseinandersetzung in der Töpfergasse war. Ihre Aussagen vor dem Riesaer Amtsgericht wirken ein bisschen ratlos. Denn eigentlich begann alles recht friedlich.

Semir M. ist schon mehrfach polizeilich aufgefallen und hat schon eine Bewährungsstrafe, als er wieder zuschlägt.
Semir M. ist schon mehrfach polizeilich aufgefallen und hat schon eine Bewährungsstrafe, als er wieder zuschlägt. © K.-D. Brühl

Drei junge Leute aus Gröditz wollten beim Stadtfest in Großenhain einen entspannten Abend verbringen. Das Pärchen Sarah K. und Philipp S. und ihr Kumpel Guido P., alle um 18 Jahre alt, genossen ausgiebig die Zerstreuungen, die ein solches Volksfest bietet. An einem Fahrgeschäft trafen sie aus Semir M., 23, der seit einem Vierteljahr in der Röderstadt lebt. Der gebürtige Serbe hatte gerade den Lukas gehauen und wandte sich gut gelaunt an Philipp S.: „Na, wie habe ich das gemacht?“ Von da an wurden die Gröditzer ihren ungebetenen „Bekannten“ nicht mehr los. Er verfolgte das Trio über den Markt, ganz offensichtlich in der Absicht, den Rest des Abends mit ihnen zu verbringen. „Er fand meinen Freund wohl einfach süß“, vermutet Sarah K. Einmal packte er den jungen Mann sogar, warf ihn sich über die Schulter und trug ihn ein paar Schritte durch die Gegend. Das wurde den dreien irgendwann zu viel, und sie forderten Semir M. auf, sie in Ruhe zu lassen.

Ein Wort gab das andere, der Ton wurde schärfer und beleidigender. Guido P., offenbar der kräftigste aus der Gruppe, stellte sich vor seinen Kumpel, um ihn vor den Zudringlichkeiten zu schützen. Semir M. betitelte ihn daraufhin als „Hurensohn“ und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Als er auch noch den jungen Mann bedrohte, mit dem er eigentlich Bekanntschaft schließen wollte, ging dessen Freundin dazwischen und bekam den nächsten Faustschlag ab. Das Mädchen stürzte zu Boden und fiel mit dem Hinterkopf auf die Bordsteinkante. Er habe Sarah K. nicht treffen wollen, beteuert der Angeklagte. Sie sei einfach nur unglücklich in den Schlag gelaufen. Auf jeden Fall trug die Gröditzerin eine Gehirnerschütterung davon und musste sich im Krankenhaus behandeln lassen. Die anderen riefen einen Polizisten zu Hilfe, der beim Stadtfest Streife lief, und Semir M. ließ sich widerstandslos aufs Großenhainer Revier bringen.

Schon mehrfach aufgefallen

Man könnte das als gewöhnliche Rangelei unter Jugendlichen abtun, wäre da nicht die Tatsache, dass Semir M. bereits mit einer Bewährungsstrafe belegt war. Es ging für ihn also darum, ob er jetzt in den Knast einrücken muss. Der Angeklagte war in seinem vorherigen Wohnort Neu-Ulm bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Neben Diebstahl, kleinen Dogendelikten und Nötigung standen Körperverletzungen in seinem Sündenregister. Er war in Bayern bereits auf Bewährung verurteilt worden und hatte, weil er gegen die Auflagen verstieß, auch schon mehrere Monate im Gefängnis gesessen. Aus diesem Grund forderte die Staatsanwältin auch eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten – diesmal ohne Bewährung. Zumal Semir M. der Polizei am gleichen Abend noch einmal aufgefallen war. Er gehörte zu einer Gruppe junger Männer, die laut herumgrölte, an Verkehrsschildern rüttelte und gegen Schaufensterscheiben schlug. Als er deshalb einen Platzverweis erhielt, befolgte M. die Anweisung nicht und wurde erneut aufs Revier gebracht. Diesmal verhielt er sich deutlich aggressiver.

Dennoch sieht Richterin Ingeborg Schäfer den Fall etwas anders als die Anklagevertretung. Sie legt den Schwerpunkt auf die strafmildernden Umstände. Etwa darauf, dass Semir M. zum Zeitpunkt zwei Promille Alkohol im Blut hatte und deshalb nur bedingt steuerungsfähig war. Außerdem hatte er sich voll geständig gezeigt und die Geschädigten gleich nach der Tat und nochmals vor Gericht um Entschuldigung gebeten. Die Richterin stellt auch in Rechnung, dass der Angeklagte einer festen Arbeit als Landschaftsbauer nachgeht und in Großenhain bisher nicht auffällig wurde. Er habe eine zweite Chance verdient, findet Ingeborg Schäfer und verurteilt ihn zu sechs Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe von 600 Euro.