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Erst Bangladesch, jetzt Kambodscha

Wieder stürzt in Asien eine Billigfabrik ein. Nach der Tragödie fragen sich die Verbraucher: Wird in Asien unter Lebensgefahr für uns produziert?

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Bangkok. Für Kambodschas Gewerkschaften ist klar: der Einsturz einer Fabrikdecke war nur eine Frage der Zeit. „Baulizenzen, Betriebslizenzen – wenn das Schmiergeld stimmt, bekommt das jeder“, sagt die Generalsekretärin der Gewerkschaft FTUWKC, Sokny Say. „Dieses Land ist korrupt bis auf die Knochen.“ Schlampig gebaute Gebäude, mangelnde Sicherheitsstandards, schlechte Bezahlung – viele der mehr als eine halbe Million Arbeiter und Arbeiterinnen können ein Lied davon singen. „Erst letzte Woche hatten wir wieder einen Fall von Massenohnmacht, weil eine Fabrik nicht gelüftet war“, sagt Say.

Kambodscha sei nur durch Glück an einer Tragödie wie vor drei Wochen in Bangladesch mit mehr als 1.100 Toten vorbeigeschrammt, sagt Dave Welsh, der mit der US-Organisation für Arbeitersolidarität für bessere Arbeitsbedingungen kämpft. Im Kampong Speu stürzte ein Teil eines Fabrikdachs ein. Mindestens zwei Arbeiter kamen ums Leben, mehrere wurden verletzt. „Der Einsturz wirft ein Schlaglicht darauf, wie schlimm die Arbeitsbedingungen sind, und zwar nicht nur in Bangladesch, sondern in der ganzen Region“, sagt Welsh.

Billig-Ära ist bald vorbei

Dass Schuhe, T-Shirts, Hemden und Hosen für Kunden in Deutschland und den Rest der Welt in Ländern mit niedrigen Lebenshaltungskosten und Löhnen genäht werden, ist theoretisch eine „Win-Win-Situation“: in den armen Ländern gibt es Arbeitsplätze, in den reichen sind Kleidung und Schuhe billig. Was aber ist ein fairer Preis? Neun Euro für ein paar Turnschuhe? Drei Euro für ein T-Shirt?

Fabrikbesitzer in Asien begründen knappe Löhne und schlechte Ausstattungen mit Preisdruck: „Die Einkäufer wollen keinen Cent mehr bezahlen“, klagt etwa Purnomo Narmiadi, Chef eines indonesischen Arbeitgeberverbandes. Eher drohten sie mit Abwanderung in ein billigeres Produktionsland. Einkäufer wie C&A sagen, dass die Verbraucher keine höheren Preise akzeptieren. „Die Ära der Billigwaren ist bald vorbei“, sagt Jill Tucker von der Initiative der Internationalen Arbeitsorganisation für bessere Fabriken in Kambodscha voraus. Verbraucher könnten am meisten für die Arbeiter in Asien tun: „Wer in Deutschland einen Schuh kauft, sollte auf den Hersteller schauen und sich erkundigen, ob der für faire Arbeitskonditionen eintritt“, sagt sie. „Einkäufer, die auf ihren Ruf bedacht sind, sind zu höheren Löhnen bereit und finanzieren Arbeitsverbesserungen“.

Auf ihren Ruf bedachte Firmen haben gerade ein Abkommen über mehr Sicherheit in den Fabriken von Bangladesch unterzeichnet. Zu den 31 Konzernen gehören H&M, C&A, Tschibo, Primark und Aldi.

Sie verpflichten sich, den Brandschutz und die Gebäudesicherheit in den Fabriken zu erhöhen. Mehr als 1.000 Zulieferbetriebe und Zwischenhändler – und damit ein Großteil der vier Millionen Textilarbeiter in Bangladesch – sind eingebunden. Die US-Konzerne Gap und Walmart, weltgrößtes Einzelhandelsunternehmen, hätten sich bislang geweigert, erklärte Philip Jennings, Generalsekretär von UNI Global Union. Dies sei „ein Fehler, den die Konsumenten nicht vergessen werden“, sagte er. Walmart teilte mit, der Konzern werde eigene Kontrollen in allen 279 Fabriken durchführen, die in Bangladesch für ihn produzieren. (dpa)