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Erste Diesel im Landkreis stillgelegt

Fahrzeughalter zögern mit dem verordneten Software-Update. Warum hiesige Autohäuser die Skepsis für übertrieben halten.

Von Jörg Richter
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Einem VW Golf mit einem 2,0-Liter-Dieselmotor wird in einer Volkswagen-Werkstatt das Update installiert. Immer noch gibt es Fahrzeugbesitzer, die diesen Schritt scheuen, weil sie befürchten, dass das negative Auswirkungen auf die Fahrleistung haben könnte
Einem VW Golf mit einem 2,0-Liter-Dieselmotor wird in einer Volkswagen-Werkstatt das Update installiert. Immer noch gibt es Fahrzeugbesitzer, die diesen Schritt scheuen, weil sie befürchten, dass das negative Auswirkungen auf die Fahrleistung haben könnte © Julian Stratenschulte/dpa

Großenhain. Es gibt nach wie vor Besitzer von Dieselautos der VW-Marken, die eine besondere Fahrt in ihre Vertragswerkstatt scheuen. Dort soll das neue Update für die Betriebssoftware in die Fahrzeuge aufgespielt werden. 

Die ursprüngliche Software war manipuliert worden, um bei Abgastests bessere Stickstoffwerte zu erhalten. Seit Anfang 2018 verschickt der VW-Konzern Briefe an die Kunden mit der Aufforderung, die neue Software kostenlos installieren zu lassen.

Bis zu zweimal schreiben VW und seine Konzerntöchter Audi, Škoda und Seat freundliche Aufforderungen. Wer sie ignoriert, erhält anschließend Post vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) aus Flensburg. 

Spätestens dann wird der Ton in den Mahnschreiben rauer. Das KBA droht die Stilllegung der Dieselautos an, wenn die Fahrzeughalter die neue Software nicht bis zu einem festgelegten Stichtag installiert haben.

Bei der Zwangsstilllegung der Fahrzeuge wird das Kraftfahrtbundesamt Flensburg vom Landratsamt Meißen unterstützt. Wie Susann Matthäus, Leiterin des Kreisverkehrsamts, mitteilt, ist es dazu bereits zweimal im Landkreis Meißen gekommen. 

Einmal im Riesaer und einmal im Meißner Raum. Bei beiden wurde wegen weiterer Nichtbefolgung der Vollzug zur Zwangsentstempelung ausgelöst. Dieser Bescheid zur Betriebsuntersagung kostet immerhin 55 Euro.

„In einem Fall wurde tatsächlich eine Zwangsentstempelung durchgeführt“, berichtet Landkreissprecherin Kerstin Thöns. Sie kann bis 286 Euro plus Auslagen kosten. Direkt danach habe der säumige Autobesitzer klein beigegeben und die neue Software installieren lassen, sodass eine Wiederzulassung erfolgen konnte. 

Der andere Verweigerer reagierte eher und kam damit der Zwangsmaßnahme zuvor. – Beide Fälle sind nur die Spitze der Masse verunsicherter Dieselfahrer im Landkreis Meißen. Das belegen weitere Zahlen. So habe die Kfz-Zulassung der Landkreisverwaltung bislang 154 Halter schriftlich ermahnt, die Diesel-Software endlich zu aktualisieren. 

Diese Aufforderung erfolgt nach dem verstrichenen Ultimatum des KBA und ist immer noch gebührenfrei. In 36 Fällen wurde eine nochmalige Erinnerung verschickt. Insgesamt 16 Mal erließ das Landratsamt einen kostenpflichtigen Bescheid zur Betriebsuntersagung.

Doch warum haben die 154 Dieselbesitzer so lange gezögert, die Software installieren zu lassen? Womöglich wegen des Gerüchtes, dass es bei einigen Fahrzeugen nach dem Update zu Motorschäden gekommen sei. Auch hält sich hartnäckig der Verdacht, dass Dieselwagen nach der Modifizierung weniger PS haben als vorher.

„Der Leistungsverlust ist vielleicht in Nuancen messbar, aber nicht wirklich spürbar“, sagt Carmen Körner, die Geschäftsführerin des VW-Autohauses Wachtel in Kalkreuth. Dort haben bislang rund 300 Dieselbesitzer das Update installieren lassen. 

Wirkliche Verweigerer habe es unter ihren Kunden nicht gegeben. Und wenn jemand mal nicht auf das erste Schreiben reagiert habe, dann habe das Autohaus persönlich nachgehakt, ob denn der Termin nur verpasst wurde.

Dieselmotoren halten länger

Insgesamt spürt Carmen Körner keinen Abbruch bei der Nachfrage an Dieselautos. „Ich bin selbst eine überzeugte Dieselfahrerin“, sagt sie. Fahrzeuge mit Dieselmotoren seien vernünftig und ökonomisch und müssten den Vergleich mit Elektro-Autos nicht scheuen. Erst recht nicht auf dem Lande, wo es kaum Strom-Zapfsäulen gebe.

Auch Madlen Wallberg, Geschäftsführerin des Opel-Autohauses Möldgen in Folbern, kommt nichts anderes als ein Diesel in die Garage. Dieselmotoren seien zuverlässig, sparsam und halten länger als zum Beispiel Benziner. 

„Da gibt es ganz andere Dreckschleudern“, sagt sie und denkt dabei an große Tanker, Kreuzfahrtschiffe und Flugzeuge. Sie könne auch nicht die Hysterie um die Elektromobilität verstehen.

 Für Autobatterien würden Massen an Kobalt und Lizium benötigt. „In den Ländern, wo diese Stoffe abgebaut werden, entstehen Umweltschäden. Das fragt niemand nach einer Öko-Bilanz“, schimpft Madlen Wallberg. „Wenn man schon eine Umweltdebatte führt, dann sollte man sie global betrachten und nicht nur bei Autos in Deutschland ansetzen.“

Ohne Update keine TÜV-Plakette

Verzichten Autofahrer auf Software-Updates, die der Hersteller wegen des Abgasskandals anbietet, riskieren sie, bei der Hauptuntersuchung, die aller zwei Jahre fällig ist, keine Plakette zu erhalten.

Die Nichtteilnahme an der Umrüstung gilt als erheblicher Mangel, teilt der TÜV-Verband mit. Das Update müsse nachgeholt und bei einer Nachuntersuchung belegt werden.

Maßgeblich für eine Beanstandung bei der Hauptuntersuchung ist aber, dass die Umrüstungsfrist des Herstellers abgelaufen ist. Nicht erst die Frist des Kraftfahrtbundesamtes in Flensburg.

Die ursprüngliche VW-Abgasaffäre war Auslöser einer weitreichenden Krise der Automobilindustrie. Mehrere Studien stellten Abweichungen zwischen realen und Prüfstandemissionen fest.

Das Problem überhöhter Stickoxidwerte bei Dieselfahrzeugen gewann infolge der VW-Dieselaffäre stark an öffentlicher Aufmerksamkeit.

Rund 11 Millionen Dieselfahrzeuge der Marken Volkswagen, Audi, Seat und Škoda sind weltweit betroffen. Allein in Deutschland sind es rund 2,5 Millionen. Es folgen Großbritannien (1,2 Millionen) und Frankreich (rund 950 000). Quelle: dpa/Wikipedia

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