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Erstes Frühstück in Prag

SZ-Korrespondent Steffen Neumann hat die neue durchgehende A17 ausprobiert und ist satt geworden.

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© Egbert Kamprath

Es ist Sonntagmorgen, kurz nach halb acht in Dresden-Tolkewitz. Ein Mann trägt Brötchen Richtung Frühstückstisch, als ich mein Auto anlasse. Mein Frühstückstisch steht heute im gediegenen Prager Kaffeehaus Savoy, Vitezna-Straße 5. Der Tisch ist für 9 Uhr bestellt. Eine gewagte Planung. Doch seit Samstag, 16.40 Uhr, ist die Autobahn nach Prag erstmals durchgängig befahrbar. Es wird mein erstes „Frühstück in Prag“ – der Slogan, als Versprechen runde 20 Jahren alt, wird nun wahr.

A17 Dresden - Prag ist fertig

An dieser Stelle mussten die Autofahrer vor Eröffnung runter von der Autobahn. Nun gibt es freie Fahrt in Richtung Prag.
An dieser Stelle mussten die Autofahrer vor Eröffnung runter von der Autobahn. Nun gibt es freie Fahrt in Richtung Prag.
Achtung, Mautpflicht!
Achtung, Mautpflicht!
Alena Becvarova verkauft Vignetten – in der ersten Raststätte nach der Grenze bei Varvazov.
Alena Becvarova verkauft Vignetten – in der ersten Raststätte nach der Grenze bei Varvazov.
Steffen Neumann lässt sich am Sonntagmorgen das Frühstück im Prager Kaffeehaus Savoy schmecken.
Steffen Neumann lässt sich am Sonntagmorgen das Frühstück im Prager Kaffeehaus Savoy schmecken.

Die Vorfreude ist nicht ungetrübt. Ein Stück Autobahn ist nur halb geöffnet, weil der Grund unter der Hochbrücke Prackovice nicht stabil ist. Wird alles gutgehen?, frage ich mich, während ich über leere Dresdner Straßen die Autobahn bei Heidenau erreiche. 121 Kilometer bis Prag, meldet das Schild. Es ist 7.49 Uhr.

Auch die Autobahn ist so gut wie leer und das Wetter diesig. Elf nach acht bin ich an der Grenze. Kurz vorher kündigt ein Schild an, dass in acht Kilometern Mautpflicht besteht – ab der ersten Raststätte auf tschechischem Gebiet. Dort gibt es auch die Kupons zu kaufen.

Alena Becvarova, Verkäuferin in der Raststätte, hat Vignetten für zehn Tage und ein Jahr im Angebot, das Monatsticket ist gerade aus. Wer in Kronen oder mit Karte zahlt, spart derzeit rund 50 Cent. In Euro kostet das Ticket exakt zwölf Euro. Eine gestiegene deutsche Nachfrage seit Samstag hat sie nicht bemerkt. „Hier ist vor Weihnachten immer viel los, vor allem Rumänen sind auf dem Heimweg“, erzählt sie.

Ausgestattet mit Vignette setze ich die Fahrt 8.22 Uhr fort. Die Autobahn ist immer noch leer. Am Himmel zeigen sich rosa Streifen. Links liegt die Elbe mit Usti nad Labem, und rasch nähere ich mich dem Kreuz Rehlovice, wo ich bisher auf Umwege ausweichen musste. Ich muss mich zusammenreißen, dass ich nicht aus lauter Gewohnheit Richtung Teplice abbiege, und dann bin ich auch schon drauf auf dem neuen Stück. Es rollt bei Tempo 130. Ein unbeschreibliches Gefühl. Schon bin ich am ersten Tunnel Radejcin, wo ich auf 60 abbremsen muss und die Fahrbahn auf eine Spur eingeengt wird. Ausgerechnet jetzt fährt ein Schwerlaster vor mir.

Nach dem zweiten Tunnel werden die Autos aus Prag auf meine Seite geleitet. Schon bin ich auf der Hochbrücke Prackovice, unter der sich die Erde bewegen soll. Unterhalb der Brücke erinnern Baumaschinen daran, dass die Arbeiten noch nicht fertig sind. Dann passiere ich das Stück Straße, das vor einem Jahr noch von einem Erdrutsch verschüttet war. Hier darf ich schon 80 fahren, und bald stehen wieder beide Spuren zur Verfügung. Das ist geschafft, atme ich durch. Die Einschränkung soll nur wenige Wochen gelten. Hoffentlich bleibt es dabei. Das letzte Stück ist ein Kinderspiel. Auch wenn ich hier schon oft langgefahren bin, überrascht mich immer wieder, wie schnell Prag erreicht ist. Genau 8.54 Uhr passiere ich die Stadtgrenze, und jetzt wird’s romantisch. Die rote Sonne kämpft sich durch die Wolken.

Am Sonntagmorgen durch Prag zu fahren ist ein Genuss. Die meist staugeplagte Stadt präsentiert sich ungewohnt leer. Empfiehlt es sich sonst, am Stadtrand zu parken und die Metro ins Zentrum zu nehmen, kann ich entlang der Moldau auf der Kleinseite quasi bis vors Kaffeehaus fahren. Und auch das Parkplatzproblem erübrigt sich, aber nur für Leute mit Tschechisch-Kenntnissen. Rund ums Café Savoy gilt am Wochenende freies Parken überall dort, wo der Parkstandort nicht von blauen Streifen eingegrenzt wird, signalisieren Schilder auf Tschechisch. Ich parke am Moldau-Ufer, in der Woche würde man hier pro Stunde 30 Kronen (1,20 Euro) zahlen, was auch okay ist. Sonst ist das Parken in Prags Innenstadt auf wenige orangene und grüne Zonen oder Parkhäuser beschränkt.

Auch das ist ein Grund, warum es sich lohnt, früh aufzubrechen. Der eigentliche Grund erwartet mich aber noch. Punkt 9.15 Uhr betrete ich das Café Savoy. 15 Minuten später als geplant zwar, aber was ist das schon? Wer wollte, konnte bisher schon zum Frühstück nach Prag fahren. Jetzt ist es aber deutlich einfacher geworden, und das gilt auch einen Besuch im Zoo, in der Oper oder den tollen Galerien. Dresden und Prag sind zusammengerückt.