Merken

Erstes öffentliches Örtchen für Frauen

Für das weibliche Geschlecht war es einst schwierig, auswärts die Notdurft zu verrichten. Das änderte sich vor 140 Jahren

Teilen
Folgen
© Quelle: Sammlung Naumann

Von Ralf Hübner

Ein wichtiges Stück Geschichte für Frauen ist in Dresden vor 140 Jahren geschrieben worden. Am 1. März 1878 konnte der damalige Oberbürgermeister Paul
Alfred Stübel (1827 – 1895) den Stadtverordneten berichten, dass der erste öffentliche Abort für Damen der Stadt in den äußeren Bürgerwiesen unweit des Zoos fertiggestellt wurde.

Die Kosten der damaligen Investition gab der Oberbürgermeister mit 5 748,83 Mark an. Hinzu kamen weitere 241,36 Mark, weil eine Leitung für die Wasserspülung gelegt werden musste. Die erste öffentliche Frauen-Toilette war mithin auch das erste öffentliche Wasser-Klosett
in Dresden überhaupt. Geschildert ist der Vorgang in dem unlängst veröffentlichten Band „in civitate nostra Dreseden (in unserer Stadt Dresden) – Verborgenes aus dem Stadtarchiv“.

In Form eines Briefes an die Stadtverordneten hatte am 23. Oktober 1877 eine Unbekannte ihrem Unmut Luft gemacht. „Im Interesse der Frauen unserer Stadt erlaube ich mir anzufragen, warum haben die Herren öffentliche Retiraden (Toiletten)? Und die Frauen nicht?“, klagte sie. Früher hätten sie in Restaurants austreten gehen können. Doch die seien jetzt verschlossen. „Und wir Frauen sehen uns ratlos um.“

Was die Verfasserin wohl nicht wusste – die Stadt hatte vier Jahre zuvor schon einmal über einen öffentlichen Abort für Frauen beraten und dafür sogar 1 200 Mark in den Haushalt eingestellt. Doch die Planungen waren im Sande verlaufen. Eine Anfrage des Bezirksvereins Wilsdruffer Vorstadt und Friedrichtstadt brachte 1876 wieder Bewegung in die Sache und die Stadt erkundigte sich in Leipzig und Wien, wo es solche Bedürfnissanstalten schon gab, nach deren Erfahrungen. Mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen erarbeitete das Stadtbauamt schließlich eine Vorlage, die 1876 von Oberbürgermeister Wilhelm Pfotenhauer (1812 – 1877) den Stadtverordneten zur Genehmigung vorgelegt wurde.

Das Frauen-Klo sollte zunächst nicht ins Stadtzentrum. Deshalb wurde die äußere Bürgerwiese nahe dem Zoo als Standort festgelegt. Nach längeren Debatten wurde schließlich beschlossen, eine Toilette zu bauen, die durchgängig geöffnet sein sollte. Zudem war eine Wohnung für die Wärterin vorgesehen. An den Seiten gab es einen Geräteraum und ein Pissoir. Einer der Stadtverordneten empörte sich denn auch wegen der angeblich immer luxuriöser werdenden Abortanlage und wegen der ständigen Beaufsichtigung durch die Wärterin. Dennoch wurde im Mai 1877 der Bau endgültig beschlossen.

Die Ausführung als Wasser-Klosett war schon deshalb bemerkenswert, weil die WCs in Dresden damals heftig umstritten waren. Um 1874 existierte Angaben zufolge in rund 300 der etwa 7 500 Häuser ein solches WC. Es wurde gar empfohlen, den Bau von Wasser-Klosetts generell zu verbieten. Neben einer Verminderung des Dungwertes der Fäkalien bei der Verwendung in der Landwirtschaft gab es vonseiten des Stadtbezirksarztes Niedner Bedenken, dass bei einer Cholera- oder Typhusepedemie die Krankheitserreger mit dem Wasser der Toiletten unkontrolliert in die Kanalisation gelangen könnten und diese dann nicht mehr beherrscht werden könnten. Die Bauordnung von 1878 gestattete schließlich den Bau von WCs – sofern von der Baubehörde genehmigt.

Zurzeit gibt es in Dresden nach eigenen Angaben 9 öffentliche städtische Toilettenanlagen sowie 18 Toilettenanlagen mit privaten Betreibern. Allein die Bewirtschaftung und Reinigung der städtischen Anlagen kosten jährlich durchschnittlich 225 000 Euro. Die Investitionen lagen je nach Ausstattung und Größe zwischen 100 000 und und 265 000 Euro.

Das Sitzbecken werde nach jeder Benutzung automatisch gereinigt und desinfiziert, beschreibt der Betreiber Wall die Funktion seiner 17 öffentlichen Toiletten. Dabei werde das Sitzbecken zudem noch getrocknet. Der Toilettenboden sei aus rutschfestem Belag, Seitenwände aus glattem, lackiertem Schichtbeton, der Innenraum ist belüftet und im Winter sei er sogar beheizt.