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Räucherfrauen hinter Gittern

Der Advent ist im Erzgebirge die Hoch-Zeit für Nussknacker oder Schwibbögen. Aber nicht nur in Manufakturen wird gedrechselt.

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Gedrechselte Holzfiguren stehen in der Holzwerkstatt der Justizvollzugsanstalt Zwickau.
Gedrechselte Holzfiguren stehen in der Holzwerkstatt der Justizvollzugsanstalt Zwickau. © Sebastian Willnow/dpa

Dresden/Zwickau.  Räucherbuden und qualmende Richter: Erzgebirgischer Weihnachtsschmuck entsteht in Sachsen auch hinter Gittern. In den Kunstarbeitsbetrieben der Justizvollzugsanstalten drechseln und malen Häftlinge Traditionelles im Advent - auch unter Anleitung von Handwerksmeistern. "Wir wählen Gefangene, die sich dafür melden, nach Eignung aus", sagt Brigitte Martin, Chefin der Arbeitsverwaltung im Zwickauer Gefängnis. Dort arbeiten derzeit vier Inhaftierte in der Drechselei die Bestellungen ab. Sie müssen Gefühl für Holz, eine kreative Ader sowie eine ruhige Hand für das Malen haben und Geschick an der Drechselbank.

Ein Insasse der Justizvollzugsansstalt Zwickau bemalt während seiner Arbeit in der Anstaltswerkstatt eine gedrechselte Holzfigur. 
Ein Insasse der Justizvollzugsansstalt Zwickau bemalt während seiner Arbeit in der Anstaltswerkstatt eine gedrechselte Holzfigur.  © Sebastian Willnow/dpa

Pro Jahr verlassen rund 150 Räucherfiguren die Anstaltsmauern, "meist mit Bezug zur Justiz", wie ein Sprecher des Justizministeriums sagt. Nach Angaben von Martin gibt es zwölf Modelle, wie "Gefangener beim Sport" oder Räucherfrauen, aber auch qualmende Justizbeamte und Richter. Ebenso werden Lichterengel und Holzspielzeug, Nistkästen und Stollenbretter oder Räucherbuden gefertigt. Verkauft werden sie direkt im Gefängnis oder auf lokalen Weihnachtsmärkten sowie beim Online-"Gitterladen" und bei Basaren im Justizministerium und im Dresdner Landgericht.

"Der Gefangene auf dem Bett ist der Renner unter den Räuchermännern", sagt Martin. Zudem entstehen Engel, Bergmann und Nussknacker in zwei Größen in Zwickau. In der Torgauer Anstalt fertigen Gefangene rund 120 Schwibbögen und in Zeithain Deko-Kisten und Teelichthalter-Sets. Jugendliche Straftäter in Regis-Breitingen haben in diesem Jahr 700 Stollen gebacken, die wohl auch alle verkauft werden, wie der Ministeriumssprecher berichtet.

In den Kunstarbeitsbetrieben der Justizvollzugsanstalten drechseln und malen Häftlinge Traditionelles im Advent - auch unter Anleitung von Handwerksmeistern. 
In den Kunstarbeitsbetrieben der Justizvollzugsanstalten drechseln und malen Häftlinge Traditionelles im Advent - auch unter Anleitung von Handwerksmeistern.  © Sebastian Willnow/dpa

"Die Basare erfreuen sich großer Beliebtheit", sagt Justizminister Sebastian Gemkow (CDU). Die Beschäftigung von Häftlingen senke die Vollzugskosten und trage zur erfolgreichen Wiedereingliederung der Straftäter in die Gesellschaft nach Haftentlassung bei. Verurteilte und auch Untersuchungsgefangene erfüllen dabei auch Kundenwünsche, arbeiten nach Entwürfen von Bediensteten oder eigenen Ideen, wie der Ministeriumssprecher sagt. "Ein neues, beliebtes Produkt ist etwa ein Insektenhaus." (dpa)