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Kita und Corona: "Anfangs hatte ich Bauchschmerzen"

Katja Kunath liebt ihre Arbeit in einem Kindergarten – und das offene Konzept. Jetzt aber ist alles anders. Über den Kita-Alltag in der Pandemie.

Von Jana Mundus
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Katja Kunath ist gerne Erzieherin. Die Einschränkungen durch Corona sorgen aber auch in ihrer Kita für Veränderungen.
Katja Kunath ist gerne Erzieherin. Die Einschränkungen durch Corona sorgen aber auch in ihrer Kita für Veränderungen. © René Meinig

Dresden. Eine neue Nähe in Zeiten von Abstandsregeln. Wenn die Eltern am Nachmittag ihre Kinder aus der Kita abholen, ist es anders als noch vor einem Vierteljahr. Katja Kunath spürt das in vielen Momenten. „Ich führe intensivere Gespräche mit den Familien als vor Corona“, sagt die Erzieherin. Etliche Mamas und Papas seien offener, neugieriger als früher. „Vielleicht hat das mit der jetzigen Situation zu tun, die uns alle irgendwie verbindet“, vermutet die 44-Jährige.

Womöglich hätte sich in der Gesellschaft aber auch ein neues Gefühl der Wertschätzung für ihren Berufsstand entwickelt. Als in Dresden täglich noch viele Neuinfektionen gezählt wurden, sorgte das Personal in den Kitas dafür, dass Kinder notbetreut wurden. Die eigene Angst vor dem unbekannten Virus musste schweigen. An einen Normalmodus ist auch Wochen später nicht zu denken. Das Erziehersein im Corona-Ausnahmezustand führt an Grenzen.

Feierabend in der Kita „Lichtspiel“ auf der Gottfried-Keller-Straße in Cotta. Es ist kurz nach 16 Uhr. Eine Mutter läuft mit eiligen Schritten über den Hof in Richtung Neubau. Vor der Pandemie fuhren hier viele Kinder mit Laufrädern oder Rollern umher. Derzeit bleibt es dort übersichtlich – die knapp 160 Kinder wurden aufgeteilt, maximal 20 werden jeweils in festen Gruppen betreut. Kontakt zwischen den Gruppen ist wegen Corona nicht möglich. Ein kleines Mädchen sitzt mit ihrer Erzieherin auf einer Bank vor der Kita. „Mama, Mama“, ruft sie, springt auf und flitzt ihrer Mutter entgegen, die es gerade so geschafft hat, halbwegs pünktlich zum Abholen da zu sein. Normalerweise hat die Einrichtung von 6 bis 18 Uhr geöffnet, momentan nur von 8 bis 16 Uhr. Eine Herausforderung, gerade für berufstätige Eltern. 

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Wenn die Erzieherin zum Fixstern wird

Feierabend für Katja Kunath. Sie setzt sich auf eine der niedrigen Bänke im Garten. „Derzeit kann ich meinen Namen am Ende des Tages nicht mehr hören“, sagt sie und lächelt. Es ist anders jetzt. Die städtische Kita arbeitet sonst im offenen Konzept, mit Themenräumen zum Malen oder Verkleiden, zum Experimentieren oder Bauen, zum Toben oder Buchanschauen.

Nun ist Katja Kunath mit ihrer Gruppe aus Drei- bis Fünfjährigen den ganzen Tag in einem Zimmer zusammen. Bei schönem Wetter können sie in einen der abgetrennten Bereiche des Gartens, immer isoliert von den anderen. Zum Essen gehen sie ins Kinderrestaurant. „Aber wir sind die ganze Zeit in dieser Konstellation zusammen, das macht etwas mit den Kindern“, erzählt sie. Der Bewegungsradius ist kleiner geworden. Viele vermissen ihre Freunde aus anderen Gruppen, die sie jetzt nur aus der Ferne sehen dürfen.

Für die Erzieherin heißt das, einfühlen, ablenken – und kreativ werden. Unterbreitet sie in Normalzeiten Mitmach-Angebote, die die Kinder dann wahrnehmen können oder nicht, müssen jetzt 20 Mädchen und Jungen für eine gemeinsame Aktion begeistert werden. „Das erfordert viel Vorbereitung und Absprachen mit meinen Kolleginnen und Kollegen“, erzählt sie. Es hätte jedoch auch dazu geführt, dass das Team noch viel enger zusammengerückt ist. Bildlich gesprochen natürlich. 

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Das alles macht aber auch etwas mit Katja Kunath. „Ich hatte anfangs schon Bauchschmerzen, weil ich mich ja bewusst für das Arbeiten im offenen Konzept entschieden habe“, gibt sie zu. Auch wenn es derzeit gut läuft mit ihrer Gruppe – sie vermisst die Arbeit mit den anderen Kindern, das flexible Reagieren auf deren Bedürfnisse. Jetzt muss der Tag einem Muster folgen, damit alles funktioniert, die Abläufe mit Rücksicht auf andere Gruppen funktionieren. Dazu zählt auch das Desinfizieren der Tische nach dem Essen, das mehrmalige Händewaschen am Tag, das Einhalten von Laufwegen.

Sommer, Sonne, Platzproblem

Katja Kunath liebt ihren Beruf auch in diesen Tagen. Vor fünf Jahren entschied sie sich zum Quereinstieg, war vorher Restaurantfachfrau und Arzthelferin. Doch mit der Geburt ihres zweiten Kindes merkte sie, dass sie gern als Erzieherin arbeiten möchte. Ihr Sohn ist heute acht Jahre alt, die große Tochter hat gerade die eigene Ausbildung zur Erzieherin beendet. „Das war ein Glück für uns, als die Kitas im März schlossen“, erzählt Katja Kunath.

Während die Tochter zu Hause den Bruder hütete, konnte sie in der Notbetreuung arbeiten. Als am 18. Mai der eingeschränkte Regelbetrieb begann, sei die Freude auch bei ihr groß gewesen. „Ich habe mich auf die Kinder gefreut.“ Am ersten Tag bildete sich aber erst einmal eine lange Schlange vor dem Haus, weil viele Eltern ihre Kinder gleich um 8 Uhr abgeben wollten. Ein paar Veränderungen in der Bringsituation haben die Sache schon am nächsten Tag entschärft. „Momentan lernen wir selbst jeden Tag Neues hinzu“, beschreibt es Katja Kunath, die heute Teamleiterin des Kindergartenbereichs der Einrichtung ist.

Jetzt ist es Sommer, die Temperaturen steigen. Das wird das Kitateam vor neue Herausforderungen stellen. Große Teile des Außengeländes liegen am Nachmittag in der prallen Sonne. Ein Zusammenrücken im Schatten ist in diesem Jahr nicht drin. „Wie das werden soll, mag ich mir nicht vorstellen“, sagt sie. Dann stieße die Einrichtung räumlich an ihre Grenzen. „Ich hoffe, dass wir uns schrittweise wieder weiter öffnen dürfen, ein gemeinsames Spielen zumindest im Garten möglich wird.“ Bis dahin hieße es, weiter flexibel zu sein. „Und positiv zu denken, das hilft.“

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