Merken

Es bewegt sich was im Leonardo

Zwei Jahre nach der Schließung als Asylheim steht das ehemalige Hotel in Freital immer noch leer. Bahnt sich nun ein Verkauf an?

Teilen
Folgen
© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Es sieht aus wie immer und doch ganz anders. Zwei Aufkleber an der gläsernen Eingangstür weisen den Besucher darauf hin, dass hier Rauchen und Fotografieren verboten ist. Auf Deutsch, Englisch und Arabisch ist zu lesen, dass hier auch Alkohol nicht getrunken werden darf. Eine Liste mit den Namen von 54 Personen, die hier Hausverbot haben, ist mit Klebestreifen befestigt. Doch dafür interessiert sich schon lange niemand mehr.

Denn dort, wo früher mehr als 300 Menschen auf engem Raum lebten, ist es nun leer. Vor fast genau zwei Jahren sind die letzten Bewohner aus dem Asylheim Leonardo in Freital ausgezogen. Nachdem es lange Zeit ruhig um das Haus war, scheint nun Bewegung in die Immobilie zu kommen. Bahnt sich ein Verkauf an?

„Es ist schon merkwürdig, dass man ein so großes Haus einfach so leerstehen lässt“, sagt ein Anwohner, der aus dem Fenster direkt auf das ehemalige Hotel blickt. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen. Er hat hautnah erlebt, wie Anfang 2015 immer mehr Flüchtlinge in das Haus eingezogen sind, wie es Kämpfe unter den Heimbewohnern und Polizeieinsätze gab, wie vor dem Gebäude für und gegen Flüchtlinge demonstriert wurde. „So wie es jetzt ist, ist es ideal – in jeglicher Hinsicht“, sagt er.

Kurz nachdem der Landkreis das Heim Ende Juni 2016 schloss und der Betreiber Pro Shelter das Gebäude räumen lassen musste, habe er hier noch einmal Bewegung wahrgenommen. Das Haus sei teils entrümpelt worden. „Seitdem ist nicht mehr viel geschehen.“ Außer ein paar Fotografen und ein paar neugierige Journalisten verirrt sich kaum jemand in diese ruhige Ecke Freitals.

Undurchsichtiges Firmengeflecht

Warum das Leonardo in Zeiten des boomenden Immobilienmarktes immer noch ungenutzt leer steht, diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Nach Informationen der Sächsischen Zeitung gehört das Gebäude nach wie vor der luxemburgischen Samato-Aktiengesellschaft. Diese hatte das Haus 2015 von der Projekt Freital GmbH für fünf Millionen Euro gekauft, die damit einen satten Gewinn gemacht hat. 1,1 Millionen Euro hatte der Kaufpreis Anfang 2015 betragen. Bis dahin gehörte das Leonardo der Fattal Hotel Dresden GmbH, einer Tochtergesellschaft der großen israelischen Hotelkette von David Fattal. Diese hatte das Objekt Anfang der 2000er-Jahre ersteigert und zu einem Hotel umgebaut.

Das Merkwürdige: Sowohl Samato als auch die Projekt Freital GmbH als auch die Betreiberfirma Pro Shelter sind über ein Firmengeflecht verbunden. Alle Personen, die für Klarheit sorgen könnten, äußern sich auf Anfrage der Sächsischen Zeitung nicht – weder Samato-Vorstand Thomas M. Kaleita noch der Ex-Chef der Projekt Freital GmbH und von Pro Shelter, Bernhard Hannemann, noch der derzeitige Geschäftsführer von Pro Shelter, Roger Weinhardt.

Wer im Internet nach dem Namen Pro Shelter sucht, findet immer wieder Hinweise auf finanzielle Schwierigkeiten der Firma. Im Sommer ist beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt, aber abgelehnt worden. Momentan läuft kein solches Verfahren. Das Landratsamt in Pirna als ehemaliger Geschäftspartner von Pro Shelter teilt mit, dass es gegenüber der Firma keine offenen Forderungen gebe. Laut Medienberichten sah es im Sommer 2017 im Landkreis Anhalt-Bitterfeld anders aus. Damals war von Forderungen von rund 200 000 Euro gegenüber Pro Shelter die Rede.

Möglicherweise könnten diese finanziellen Probleme nun auch dafür sorgen, dass sich im Freitaler Leonardo etwas tut. Denn wie das Rathaus mitteilt, arbeitet die Samato-Aktiengesellschaft wohl an einem Verkauf des Hauses. Das Leonardo sei bislang nicht veräußert worden, heißt es aus dem Rathaus. „Allerdings gibt es dazu offenbar Absichten des derzeitigen Eigentümers, wie an Anfragen von Maklern und Interessenten zu den Rahmenbedingungen beim Stadtplanungsamt ablesbar ist.“

Die Stadt selbst hat keine Handhabe einzugreifen, bezeichnet die derzeitige Situation aber als „zweifelsohne unbefriedigend“. „Wünschenswert wäre natürlich, wenn das Objekt oder gegebenenfalls auch nur das Grundstück einer geeigneten Nutzung zugeführt werden könnte.“ Die Stadtverwaltung werde entsprechende Aktivitäten dahingehend gern unterstützen. Eigene Pläne verfolge die Stadt zu diesem Privatgebäude derzeit nicht. Kommentar