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Es geht nicht ohne Sprenggutachter

Der Prozess gegen Nino K., den sogenannten Moscheebomber, verzögert sich weiter. Grund sind Pannen bei den Ermittlungen.

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© dpa

Von Alexander Schneider

Sprenggutachter sind gefragte Sachverständige. Weil es am Landeskriminalamt (LKA) keinen Menschen mit einer solchen Expertise mehr gibt, muss das Landgericht Dresden nun auf einen Gutachter des Bundeskriminalamtes (BKA) zurückgreifen. Das jedoch heißt nun, dass sich die Beweisaufnahme im Prozess gegen den „Moscheebomber“ Nino K. weiter verzögert. Am Donnerstag hat das Landgericht Dresden mit den Prozessbeteiligten weitere sieben Sitzungstage bis zum 7. August vereinbart. Es war schon ein wenig Ironie herauszuhören, als Richter Herbert Pröls, der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer, ausgerechnet beim letzten dieser sieben Termine betonte, der sei aber nur „vorsorglich“.

Der des versuchten Mordes angeklagte Nino K. beim Prozess-Auftakt.
Der des versuchten Mordes angeklagte Nino K. beim Prozess-Auftakt. © Paul Sander

Dem 31-jährige Klimaanlagenmonteur Nino K. aus Dresden wird unter anderem versuchter Mord und Herbeiführen von Sprengstoffexplosionen vorgeworfen. Er hatte am Abend des 26. September 2016 einen Anschlag auf die Fatih Camii Moschee in der Hühndorfer Straße verübt und anschließend einen Brandsatz auf der Dachterrasse des Kongresszentrums gezündet.

Ziel des Angeklagten, der auch als Pegida-Redner im Sommer 2015 aufgetreten ist, sei es unter anderem gewesen, ein Zeichen gegen die Politik der Bundesregierung zu setzen. Beide Taten hat K. eingeräumt. Er habe jedoch niemanden töten wollen, sagte er zum Prozessauftakt. Ihm wird versuchter Mord vorgeworfen, weil sich der Imam, seine Ehefrau und ihre beiden damals sechs und zehn Jahre alten Söhne in der Wohnung aufhielten. Der Sprengbrandsatz war unmittelbar vor ihrer Wohnungstür in die Luft geflogen.

Erst sprengen, dann fragen

Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz hat keine Zweifel, dass die Wucht der von K. angeblich genutzten Rohrbombe tödlich wirken kann. Ein Sprenggutachter war daher für ihn nicht vordringlich, zumal sich Sachsens letzter schon vor Jahren in den Ruhestand verabschiedet hat. Das Schwurgericht jedoch pocht auf die Notwendigkeit eines solchen Sachverständigen für die Bewertung der Schuld des Angeklagten. Der Prozess sollte ursprünglich im April enden. Schon im März vereinbarte das Gericht neue Sitzungstermine bis Ende Mai, als mehrere Ermittlungspannen und das Fehlen des Experten bekannt wurden. Nun verzögert sich der Einsatz des BKA-Gutachters und mit ihm der Prozess.

Manche Ermittlungen in diesem außergewöhnlichen Fall werfen Fragen auf. So wurde die Frau des Imam nie als Geschädigte von den Staatsschutz-Ermittlern vernommen. Fotos in der Wohnung, dem Tatort, wurden erst im Februar aufgenommen. Auch ein älterer Herr, der damals auf dem Moschee-Anwesen wohnte und wohl als Erster am Tatort war, wurde nicht vernommen. Ein wichtiger Bombensplitter, der den Moschee-Sprengsatz als Rohrbombe identifiziert, tauchte erst im April 2017 im sichergestellten Kehricht auf. Ein Kriminaltechniker vom LKA hätte gerne Werkzeugspuren an zwei weiteren am Tatort sichergestellten zündfähigen Rohrbomben abgenommen – doch die Ermittler sprengten die Originale in die Luft, um die Sprengwirkung zu testen, wie gesagt, ohne Sprenggutachter.