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Es staubt im Stahlwerk

An der Filteranlage hat es am Wochenende eine Störung gegeben. Ein Grenzwert wurde deutlich überschritten.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Eine weiße Dampfwolke ist über dem Riesaer Stahlwerk fast immer zu beobachten: Sie entsteht am Eingangsbereich, wo in einem offenen Becken heißes Wasser aus dem Kühlungssystem abgekühlt wird. Am Wochenende allerdings war eine grau-braune Wolke über einem Kamin des Stahlwerks zu beobachten, die dort nicht hingehört: Dabei handelte es sich um eine Staubfahne, sagt Mathias Schreiber, Umweltbeauftragter bei Feralpi Stahl. „In der Nacht zum Sonnabend und am Sonnabendmorgen ist es zu einem Anstieg der Staubkonzentration am Kamin unserer alten Entstaubung gekommen“, sagt der Ingenieur.

Dabei wurde der geltende Grenzwert für Staub deutlich überschritten: Laut Schreiber sind maximal fünf Milligramm Staub pro Kubikmeter Luft zulässig. Am Sonnabend lag der Tagesmittelwert allerdings mehr als doppelt so hoch – bei 11,2 Milligramm pro Kubikmeter. Als Ursache für das Problem sieht man bei Feralpi den starken Frost der vergangenen Tage an. „Hierdurch kam es in einem Filtersektor zu einer Unterbrechung der Druckluftversorgung und damit zu einer Störung der Reinigung“, sagt Mathias Schreiber. Möglicherweise habe sich durch gefrorenes Kondenswasser in den Leitungen eine Verstopfung gebildet. „Das ist eine erste Vermutung, der wir jetzt genauer auf den Grund gehen“, so der Umweltingenieur.

Von einer gesundheitlichen Gefährdung der Anwohner geht man bei Feralpi allerdings nicht aus. Eine Einschätzung, die man bei der Aufsichtsbehörde auf SZ-Anfrage bestätigt. „Gesundheitliche Auswirkungen sind nicht zu befürchten gewesen“, sagt Mandy Taube von der Landesdirektion Sachsen, wo man den Vorfall bereits kennt. Bei Feralpi verweist man auf die Höhe der Kamine, durch die der Staub vom Wind schnell verwirbelt würde. Zudem habe am Sonnabend Ostwind geherrscht, sodass der Staub nicht Richtung Gröbaer Wohnhäuser, sondern Richtung Reifenwerk geweht worden sei.

Folgen hatte der meldepflichtige Vorfall allerdings für die Produktion im Stahlwerk. Zunächst musste dessen Ursache genau lokalisiert werden – das dauerte seine Zeit, da die alte Entstaubung aus zwei Filterhäusern besteht. „Nach Eingrenzung des betroffenen Sektors wurde die Stahlproduktion des E-Ofens am Sonnabend in der Zeit von etwa 9 bis 12 Uhr zur Beseitigung der Störung unterbrochen“, sagt Mathias Schreiber. Und warum hat man die Produktion nicht gleich gestoppt? „Um den betroffenen Sektor zu lokalisieren, musste die Entstaubung in Verbindung mit der Produktion zunächst in Betrieb gelassen werden“, sagt der Umweltingenieur. Bei einer sofortigen Unterbrechung der Produktion wäre das Lokalisieren eines fehlerhaften Sektors nicht möglich gewesen. „Zum Ausfindigmachen ist ein Online-Abgleich der gemessenen Staubwerte am Kamin mit dem Prozessleitsystem der Filteranlage nötig.“ Damit könne man die in Betrieb befindlichen Sektoren erkennen und anhand erhöhter Staubwerte einen fehlerhaften Sektor schrittweise eingrenzen.

Dann aber habe man die Produktion auch aus Rücksicht auf die Mitarbeiter unterbrechen müssen: Bei einem Problem mit der Entstaubung steigt auch im Inneren des Betriebs die Belastung an. Pro Stunde produziert der Ofen an die 150 Tonnen Stahl – ein Ausfall, der nun wieder aufgeholt werden muss.

Der letzte ähnliche umweltrelevante Vorfall bei Feralpi Stahl in Riesa ist laut Schreiber mehr als zehn Jahre her. So etwas komme zum Glück nur sehr selten vor. Bereits am Sonntag habe man wieder einen Tagesmittelwert von 0,05 Milligramm Staub pro Kubikmeter erreicht – also nur einen Bruchteil des zulässigen Grenzwerts von fünf Milligramm. Zum Vergleich: Zu DDR-Zeiten seien mehrere Hundert Milligramm Staub pro Kubikmeter an der Tagesordnung gewesen.