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Es wird ernst im NPD-Verbotsverfahren

Am Dienstag verkündet Karlsruhe, ob die rechtsextreme NPD verboten wird. Der Antrag stammt vom Bundesrat. Extremismusforscher streiten bis zuletzt über das Für und Wider. Die Bürger haben sich ihre Meinung gebildet.

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© Symbolfoto: dpa

Karlsruhe. Die politischen Parteien schauen mit Spannung auf die Entscheidung des Bundesverfassungs-gerichts über ein Verbot der rechtsextremen NPD. Sachsens Innenminister Markus Ulbig hält das vom Bundesrat angestrengte Verbotsverfahren unabhängig vom Urteil am Dienstag für nützlich. „Das Urteil des Bundesverfassungs-gerichtes wird zeigen, wie weit Parteien in unserem Rechtsstaat gehen dürfen, wo also die verfassungsrechtlichen Grenzen von parteipolitischen Inhalten und Aktivitäten liegen“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Experten sind sich nach wie vor uneins, wie gefährlich die NPD ist.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ließ am Wochenende Zweifel erkennen, ob das höchste deutsche Gericht dem Verbotsantrag der Länder zustimmen wird. Er werde die Entscheidung nicht kommentieren, bevor sie überhaupt vorliege, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Aber ich fühle mich in meiner Empfehlung an den Bundestag, sich dem Verbotsantrag des Bundesrats nicht anzuschließen, durch die öffentlichen Verhandlungen des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Thema bestätigt.“

Ulbig sagte, es habe vor dem Verbotsantrag nicht wenige Mahner und Zweifler gegeben, die sich zu den Erfolgsaussichten skeptisch äußerten. „Ich denke, es war dennoch gut, dass sich die Länder hiervon nicht haben beirren lassen. Es wurde eine große Menge schlagkräftiger Beweismittel zusammengetragen, die belegen, dass wir es mit einer Partei zu tun haben, die eine ernstzunehmende Gefahr für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung darstellt.“

Eine Mehrheit der Deutschen ist für ein NPD-Verbot. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov hervor. Von 1007 Befragen sprachen sich 58 Prozent dafür aus, dass das Bundesverfassungsgericht die rechtsextreme Partei verbietet. 23 Prozent waren dagegen. Zwei Drittel sagten zudem, dass sie die NPD für verfassungsfeindlich halten. 15 Prozent stuften die Partei als nicht verfassungsfeindlich ein.

Der Extremismusforscher Eckhard Jesse hält ein Verbot der NPD jedoch für unverhältnismäßig. „Die NPD ist ohne jede politische Relevanz und gesellschaftlich nicht verankert“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Karlsruhe. Der Dresdner Politologe Steffen Kailitz warnt dagegen davor, die NPD wegen ihrer zuletzt schwachen Wahlergebnisse nicht zu verbieten. Ihr Einfluss lasse sich nicht nur daran festmachen. „Wer glaubt, die Partei sei tot, der täuscht sich.“

Jesse und Kailitz waren in der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe im März 2016 als Sachverständige aufgetreten. Damals hatten die Richter des Zweiten Senats sehr kritisch hinterfragt, ob eine so scharfe Maßnahme wie ein Verbot im Fall der NPD wirklich gerechtfertigt wäre. Jesse hatte die NPD damals als „Zwerg“ charakterisiert. Seit 1956 wurde in Deutschland keine Partei mehr verboten.

Die NPD war vor allem in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern erfolgreich gewesen. Angesichts der neuen Konkurrenz von der AfD ging es für die Partei zuletzt aber steil bergab, im Herbst flog sie in Schwerin aus dem letzten Landtag.

Kailitz plädiert dennoch für ein Verbot. „Die NPD plant mit der Vertreibung von Millionen Menschen Staatsverbrechen. Solche Positionen sind in einem demokratischen Parteienwettbewerb nicht tolerabel“, sagte er. Er befürchtet, dass eine Entscheidung gegen ein Verbot der NPD neuen Auftrieb gibt.

Nach Jesses Überzeugung wäre ein solches Urteil aber „kein Persilschein für diese durch und durch verfassungsfeindliche Partei“. Ein demokratischer Staat zeichne sich dadurch aus, wie er mit den Feinden der Demokratie umgehe. (dpa)