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Etwa 40 Kandidaten für den Sejm

An die 40 Kandidaten gibt es für den Serbski Sejm. Nun muss sich zeigen, wie die sorbischen Wählern das Thema sehen.

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© Uwe Soeder

Von Jens Fritzsche

Bautzen. Ein paar Tage Geduld braucht Martin Schneider noch, dann wird klar sein, wie viele Kandidaten tatsächlich für die Wahl zum Serbski Sejm antreten. Am Montag endetet die Kandidatensuche für ein „sorbisches Parlament“, das erstmals gewählt werden soll. Martin Schneider ist einer der Kandidaten und ein aktiver Streiter für die Idee. Anfang nächster Woche wird die Prüfung der eingegangenen Meldungen abgeschlossen sein, „und es werden deutlich mehr Kandidaten sein, als erhofft“, freut sich Martin Schneider.

Um die 35 Kandidaten dürften sich mindestens gemeldet haben, so erste Zahlen. 24 hätte es mindestens gebraucht. Jeweils zwölf für die Oberlausitz und die Niederlausitz im Brandenburgischen. Aus beiden Regionen wird sich der Sejm zusammensetzen. Wahlberechtigt ist jeder Bürger der Bundesrepublik, „der mindestens 16 ist und sich als Sorbe oder Wende bekennt“, sagt Thomas Zschornak. Auch der Nebelschützer CDU-Bürgermeister kämpft für die Idee. Und war jüngst wenig begeistert, als er sich im Bautzener Kreistag das Wort „Separatisten“ anhören musste. Die Sejm-Initiative wollte sich vorstellen, was mehrheitlich abgelehnt wurde. Zschornak nennt den Vorwurf „Blödsinn“. Niemand müsse befürchten, dass mit dem Sejm das Ziel eines Sorbenstaates verfolgt werde. „Es geht darum, eine demokratisch legitimierte Plattform zu schaffen, damit Sorben und Wenden selbst bestimmen können, was zum Beispiel mit den Mitteln geschehen soll, die vom Staat bereitgestellt werden.“ Im Moment gebe es dafür den mehrheitlich deutsch besetzten Stiftungsrat der Stiftung für das sorbische Volk, verweist der Bürgermeister auf die Struktur.

„Daneben gibt es die Domowina als Verein – aber ein Verein kann keine Volksvertretung sein, sondern muss die Interessen der Mitglieder vertreten“, meint die Sejm-Initiative. Die Domowina selbst sieht das anders. Hinzu kommt, dass bislang „eine rechtliche Grundlage für das „sorbische Parlament“ fehlt. Die Sejm-Initiative hat zwar den Anspruch, über wichtige Themen mitzureden – zum Beispiel, ob Geld in sorbische Schulen fließen soll oder in andere Projekte. Doch eine wirkliche Handhabe, darüber zu bestimmen, hat das Gremium auch nach der Wahl nicht.

Bis 27. Oktober kann sich jeder ins Wählerverzeichnis eintragen lassen, „der sorbisch fühlt, er muss nicht Sorbisch sprechen“, sagt Martin Schneider. Er selbst spreche auch nur Deutsch und lerne gerade wieder die Sprache seiner Vorfahren. Gerade das sei aber typisch. „Meine Familie sprach Sorbisch, irgendwann war das unter dem Druck von Kaiserreich, Nazis und später in der DDR eingeschlafen.“

Ende des 19. Jahrhunderts ergab eine Rechnung in der Region rund 160 000 Sorben. „Seit den 1980er-Jahren geht man von etwa 60 000 Sorben aus, von denen nur ein Teil Sorbisch schreibt oder spricht“, meint der Historiker Alexander Polk von der Sejm-Initiative. Er hofft, dass ein eigenes Parlament Sprache und Kultur beflügeln hilft. In Wales habe das beispielsweise mit Blick auf „Walisisch“ funktioniert. Dort gibt es seit 1999 ein eigenes Parlament. Und dass solche Wahlen akzeptiert werden, zeigen die Sami – die Volksgruppe lebt in Norwegen, Finnland, Schweden und Russland. „Bei der ersten Wahl gab es 300 Stimmen, jetzt sind es 80 000“, hofft Polk auf einen ähnlichen Effekt. Gewählt wird bis 3. November – per Briefwahl.

www.serbski-sejm.de