Merken

EU erlaubt Entschädigungen für Wolfsrisse

Betroffene Bauern können mit Beihilfen rechnen – auch für den Kauf von Schutzzäunen und Spezialhunden.

Von Detlef Drewes
 3 Min.
Teilen
Folgen
Schäfer Markus Rehm ist mit einer Herde Schafen und Ziegen auf schneebedeckten Wiesen in Baden-Württemberg unterwegs. Dort und in anderen Regionen Deutschlands richten Wölfe inzwischen große Schäden an. Betroffene Viehhalter können nun auf mehr Unterstütz
Schäfer Markus Rehm ist mit einer Herde Schafen und Ziegen auf schneebedeckten Wiesen in Baden-Württemberg unterwegs. Dort und in anderen Regionen Deutschlands richten Wölfe inzwischen große Schäden an. Betroffene Viehhalter können nun auf mehr Unterstütz © dpa/Thomas Warnack

Wo er auftaucht, hinterlässt er seine tödlichen Spuren. Ausgerechnet am „Tag des Wolfes“ im Mai vergangenen Jahres riss ein Tier im Nordschwarzwald 40 Schafe und sorgte damit für „ein Bild des Grauens“, wie Annette Wohlfahrth, Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbandes, vor Ort feststellte. Von etwa 1000 Wölfen in Deutschland sprechen die Behörden wie das zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium.

Bisher können die betroffenen Bauern die entstandenen Schäden an Weiden, Zäunen und Tierherden von den Ländern nur zu 80 Prozent erstattet bekommen – mehr ließ das Beihilferecht der EU nicht zu. Das wird nun anders. „Wir wissen um die Bedrohung, die Wolfsrudel für Tierhalter in einigen Regionen Deutschlands bedeuten und wollen dies in unseren Bestimmungen zur Förderung des ländlichen Raums berücksichtigen“, hatte EU-Agrarkommissar Phil Hogan schon vor einigen Tagen in einem Interview angekündigt. Am Freitag machte er in Berlin zum Start der „Grünen Woche“ ernst. Demnach können Viehhalter künftig die Schäden zu 100 Prozent erstattet bekommen – von den Bundesländern. Darin eingeschlossen sind übrigens auch die Aufwendungen für Tierärzte und die Suche nach vermissten Schafen. Die Beihilfe-Regeln wurden entsprechend angepasst. Außerdem will Brüssel mit Subventionen die Errichtung von besonderen Schutzzäunen und die Anschaffung von Spezialhunden zur Abwehr von Wolfsrudeln unterstützen – Investitionen, die sich vor allem mittelständische Vieh-Betriebe oft nicht leisten können.

Dass es dabei tatsächlich um viel Geld geht, bestätigt das Bundeslandwirtschaftsministerium. In Berlin hat man errechnet, dass allein die Anschaffung eines Herdenschutzhundes mit rund 4000 Euro zu Buche schlägt – hinzu kommen noch einmal 1000 Euro im Jahr für die artgerechte Haltung der Tiere. Das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL) nennt konkrete Zahlen für Deutschland: Um nur die Schafherden wirkungsvoll von Wölfen zu schützen, müssten 26 500 Kilometer an Sicherheitszäunen neu gezogen werden, was rund 16,5 Millionen Euro kostet. Außerdem werden 17 150 Herdenschutzhunde benötigt, deren Anschaffung etwa 51,4 Millionen Euro erfordert. Hinzu kommen Ausgleichszahlungen für gerissen Tiere - das waren 2016 knapp 140.000 Euro. Für weitere Präventionsmaßnahmen gaben die deutschen Behörden laut Bundesamt für Naturschutz schon 2016 rund 1,2 Millionen Euro aus.

Streit um Abschüsse

Und das sind nur die Summen für die Bundesrepublik. In Brüssel geht man davon aus, dass Frankreich ebenso viele Wölfe innerhalb seiner Grenzen hat. Dort wurden im Vorjahr 40 Tiere zum Abschuss freigegeben (Deutschland: drei) – was zu heftigen Diskussionen führte. Ebenso wie in Schweden, wo 22 Wölfe abgeschossen werden durften. Dann schritt die Kommission ein. Denn Wölfe sind durch mehrere europäische und internationale Richtlinien geschützt – darunter die Berner Konvention sowie die EU-Richtlinie zur Bewahrung von Flora, Fauna und Habitat. Agrarkommissar Hogan machte am Freitag in Berlin ebenfalls noch einmal klar, dass Brüssel nicht daran denke, den Schutz der Wölfe preiszugeben. Man müsse allerdings „die Prävention und die Hilfe für die betroffenen Landwirte“ ausbauen. Schließlich unterstütze die Gemeinschaft die Wiederansiedlungspläne für Wölfe, die es in den Mitgliedstaaten gebe.

Damit die betroffenen Bauern im Schadensfall schnell an ihr Geld kommen können, will Hogan die entsprechenden Vorgaben der EU deutlich vereinfachen. Er lud die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten jedenfalls ein, die nunmehr eröffneten Möglichkeiten auch zu nutzen. Ansprechpartner in Deutschland sind die Bundesländer. Brüssel will auch seine Zuschüsse auf diesem Wege an die Bauern verteilen.