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Ungeliebte Königstochter

Lange hat Delphine Boël darum gekämpft, von Belgiens ehemaligem König als Tochter anerkannt zu werden. Ein DNA-Test gibt ihr Recht. Doch etwas fehlt.

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Delphine Boël streitet vor der belgischen Justiz darum, offiziell als leibliche Tochter des früheren belgischen Königs anerkannt zu werden.
Delphine Boël streitet vor der belgischen Justiz darum, offiziell als leibliche Tochter des früheren belgischen Königs anerkannt zu werden. © Dirk Waem/BELGA/dpa

Von Michel Winde

Brüssel. Königstochter ja oder nein? Diese Frage beschäftigt Belgien schon seit vielen Jahren. Die Wissenschaft hat der Künstlerin Delphine Boël (52) schon im Januar Recht gegeben: Der ehemalige König Albert II. ist einem Erbgut-Test zufolge ihr Vater. Doch die formelle Bestätigung der Justiz steht noch aus. An diesem Donnerstag gibt es vor dem Brüsseler Berufungsgericht eine letzte Anhörung in der Sache.

Es waren wilde Zeiten in den 60er Jahren: Prinz Albert, Bruder des damaligen Königs Baudouin, galt als Frauenheld. 1959 hatte er die italienische Adelige Paola Ruffo di Calabria geheiratet, die selbst den Ruf einer Party-Prinzessin hatte. Ihr wurde eine Affäre mit dem Sänger Adamo ("Dolce Paola") nachgesagt. Und Prinz Albert hatte offenbar eine Liaison mit der Baronin Sybille de Sélys Longchamps, die am 22. Februar 1968 ein Mädchen auf die Welt brachte: Delphine. Jahrelang stritt Albert jedoch ab, Delphines Vater zu sein.

Dabei spekulierte ein Biograf schon 1999 über ein uneheliches Kind des heute 86-jährigen Albert. Seit Januar besteht Gewissheit. Ein DNA-Test lasse darauf schließen, dass Albert "der biologische Vater von Frau Delphine Boël" sei, teilte der Anwalt des ehemaligen Monarchen damals mit.

Die belgische Königsfamilie: Ex-König Albert II. (2.v.r.) steht neben seinem Sohn Philippe, König von Belgien.
Die belgische Königsfamilie: Ex-König Albert II. (2.v.r.) steht neben seinem Sohn Philippe, König von Belgien. © Julien Warnand/EPA Pool/AP/dpa

Bis dahin war es ein weiter Weg um Anerkennung für Boël. Lange habe sie ein gutes Verhältnis zu ihrem leiblichen Vater gehabt, sagte die Künstlerin vor Jahren in einem Interview. Doch anerkennen wollte der inzwischen abgedankte Vater des heutigen Königs Philippe (60) die Tochter nicht.

Seit 2013 kämpft Boël vor Gericht um die Anerkennung als Königstochter. Zunächst scheiterte sie, 2018 entschied das Brüsseler Berufungsgericht dann jedoch, dass Albert sich einem Vaterschaftstest unterziehen muss. Und drohte mit einem Zwangsgeld von 5.000 Euro pro Tag, falls er den Test verweigern sollte. Albert willigte ein, wollte das Ergebnis zunächst aber nicht veröffentlicht sehen. Ende Januar gestand er die Vaterschaft über seinen Anwalt schließlich ein.

Für Boël hätte das der Schlusspunkt eines langen Kampfes sein können. Doch sie war auch enttäuscht - über den Ton der Mitteilung von Alberts Anwälten: "Das war nicht schön. Das war zu hart", sagte sie vor einigen Wochen im Interview des belgischen Senders VRT. Zugleich klagte sie über ihr Verhältnis zum belgischen Königshaus: "Ich war die Schmach der königlichen Familie."

Welchen Namen soll sie tragen?

Die Wissenschaft hat mittlerweile gesprochen - die Justiz noch nicht. In einer letzten Anhörung vor dem Brüsseler Gericht soll es am Donnerstag noch mal um die - weitgehend geklärte - Frage der Vaterschaft gehen. Doch auch andere Fragen stehen im Raum. Dabei geht es etwa um den Namen, den Boël künftig tragen wird, wie der Anwalt von Albert bereits im Juni der Nachrichtenagentur Belga sagte. Sie könnte ihren Namen behalten - oder den Namen der belgischen Königsfamilie annehmen: Sachsen-Coburg-Gotha. Auch um den Titel "Prinzessin von Belgien" könnte diskutiert werden.

Vom belgischen Staat wird Boël künftig wohl kein Geld erhalten, wie der Sender RTBF nach dem Ergebnis des DNA-Tests im Januar berichtete. Ebenso werde sie nicht in die Nachfolgeordnung eingehen oder eine offizielle Position erhalten. Wohl jedoch könne sie einen Teil von Alberts Vermögen erben. Boël selbst betonte jedoch, den Prozess vor allem deshalb begonnen zu haben, damit ihre Kinder sich nicht fragen müssten, woher sie kämen. "Ich hätte das auch genauso gemacht, wenn mein Vater Zoodirektor oder ein Verbrecher gewesen wäre", sagte sie VRT.

All diese Fragen interessieren auch die belgische Öffentlichkeit. Boëls Anwalt ließ aber bereits wissen, dass seine Mandantin sich während des laufenden Verfahrens nicht dazu äußern werde. Und ein Gerichtssprecher sagte auf Anfrage, dass das Gericht sich nach der Verhandlung vom Donnerstag noch einmal beraten werde - eine Entscheidung werde es in dieser Woche nicht mehr geben. (dpa)