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Ex-Anwalt soll wieder ins Gefängnis

Gemeinsam mit seiner Frau hat er nach Überzeugung des Gerichtes versucht, eine Versicherung zu betrügen.

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© kairospress

Von Jürgen Müller

Meißen. Die beiden Angeklagten kennen Gerichtssäle nur zu gut. Das ist kein Wunder, schließlich sind beide ausgebildete Juristen, waren mal Rechtsanwälte. Doch inzwischen haben beide keine Zulassung mehr. Der 45-jährige Mann gab sie aus „gesundheitlichen Gründen“ zurück und kam damit einem Entzug zuvor. Denn im Mai 2012 wurde er von der Staatsschutzkammer des Landgerichtes Dresden wegen Subventionsbetruges in mehreren Fällen, Unterschlagung und Verletzung der Buchführungspflicht zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Er hatte nach der Flut 2002 als faktischer Geschäftsführer einer GmbH in Freital gearbeitet und Fluthilfegelder veruntreut. Es ging um mehrere Hunderttausend Euro. Wegen der langen Verfahrensdauer sah das Gericht neun Monate als bereits vollstreckt an. Zwei Drittel der Reststrafe hat er abgesessen, die übrigen sechs Monate wurden zur Bewährung, die noch läuft, ausgesetzt. Auch seine drei Jahre jüngere Frau hat seit der Insolvenz der von ihr geführten Kanzlei keine Anwaltszulassung mehr.

Nun sitzen die beiden wegen versuchten Betruges und Beihilfe zum versuchten Betrug vor dem Amtsgericht Meißen. Die Angeklagte hatte im Juli 2011 einen Zivilprozess wegen Schadensersatzes gewonnen. Die gegnerische Versicherung wurde verurteilt, ihrem Mandanten den Schaden von 2 769 Euro zu ersetzen. Doch die Versicherung überwies das Geld fälschlicherweise nicht direkt an den Mandanten, sondern auf das Konto der Kanzlei, das im Briefbogen angegeben war. Darauf meldete sich die Anwältin bei der Versicherung und teilte mit, dass dies das Konto ihres Mannes sei, auf das sie keinen Zugriff habe.

Erinnerungslücken

Sie bat die Versicherung, die Summe erneut zu überweisen, diesmal an den Mandanten. Das tat die auch, und forderte das zu Unrecht überwiesene Geld vom Mann der Anwältin zurück. Auf ein Schreiben teilt dieser mit, es sei gar nicht sein Privatkonto, sondern das der Kanzlei, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Und die sei leider insolvent. Die Versicherung zog vor Gericht, erstritt ein Versäumnisurteil. Der Anwalt klagte dagegen, doch die Klage wurde abgewiesen, das Urteil aufrechterhalten. Im Zivilverfahren vertrat den Angeklagten seine Frau, forderte Akteneinsicht, unterschrieb Schriftstücke. Die habe er selbst verfasst, sagt der Angeklagte, seine Frau habe nur unterschrieben, nicht mal den Inhalt gekannt. „Ich habe die Kanzlei geführt. Meine Frau hat die Kinder großgezogen und Termine wahrgenommen“, sagt er.

Wer denn das Konto auf welchen Namen eröffnet habe, will der Richter wissen. Das weiß der Angeklagte nicht mehr, er hat auch keine Unterlagen mehr. Doch der Richter kann helfen. Just am Verhandlungstag flattert Post von der betreffenden Bank ins Gericht mit den entsprechenden Unterlagen. Kontoinhaber war demnach der Angeklagte.

Dass er der Inhaber des Kontos war, bestreitet der Angeklagte jetzt nicht mehr. „Aber ich unterscheide, wer der Inhaber ist und für wen es gedacht ist. Und das war eben die GbR“, sagt er. Die habe gar kein anderes Konto gehabt. Allerdings nutzte er es auch privat. Der Richter zitiert aus Kontounterlagen. Demnach gingen von dem Konto zum Beispiel auch Hortbeiträge für ein Kind und Mitgliedsbeiträge an den CDU-Stadtverband ab. Doch der Ex-Anwalt bleibt dabei. Es sei das Konto der Gesellschaft gewesen: „Schließlich wurde das Konto wegen der Insolvenz der GbR auf Antrag des Finanzamtes gesperrt, obwohl ich als Privatperson nie insolvent war“, sagt er.

Staatsanwalt Mirko Eichler hält die Vorwürfe für erwiesen. „Sie hatten von Anfang an vor, hier zu tricksen“, wirft er dem Ex-Anwalt vor. Es sei fast eine Frechheit, seine Frau darzustellen, als sei sie seit Jahren ein nervliches Wrack und könne nicht mehr klar denken. „Ihre Frau ist da reingerutscht, hat aber mitgemacht“, so der Staatsanwalt. Das Gericht verurteilt den Angeklagten wegen versuchten Betruges zu einer Haftstrafe von sechs Monaten. „Die Tat unter laufender Bewährung war so dreist, dass hier keine Bewährung mehr möglich ist“, so Richter Andreas Poth. Solch abenteuerliche Aussage habe er noch nie erlebt. „Es kann nicht wahr sein, was sie hier als Jurist vertreten“, so der Richter. Wird das ›Urteil rechtskräftig, muss der Angeklagte auch die noch offenen sechs Monate aus der letzten Verurteilung absitzen.

Seine Frau wird wegen Beihilfe zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt. Damit bekommt sie erst mal keine neue Anwaltszulassung. Sie und ihr Mann sind derzeit für einen Berliner Verein als Juristen tätig. Nach eigenen Angaben verdienen sie dort jeweils 600 Euro brutto im Monat.