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Ex-Bürgermeister verurteilt

Der Beiersdorfer soll viele um Geld betrogen haben. Ein Gericht erklärte ihn für schuldig, der Prozess geht aber weiter.

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© Matthias Weber

Von Romy Altmann-Kühr

Beiersdorf. Das Amtsgericht Zittau hat den früheren Beiersdorfer Bürgermeister Matthias Rudolf wegen Betrugs zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Das ist zwar bereits im Sommer gewesen. Das Thema erhitzt aber immer noch die Gemüter im Dorf. Denn etliche Beiersdorfer sind selbst betroffen. Er lieh sich von ihnen Geld, zahlte aber nur einen geringen Teil zurück. Viele büßten das Geliehene ein. Dr. Holger Maaß, Richter am Amtsgericht Zittau, erklärt: Rudolf habe freundschaftliche und kollegiale Beziehungen ausgenutzt, um sich Geld zu leihen – obwohl er wusste, dass er es nicht wird zurückzahlen können. Das wertet das Gericht als Betrug. Das Gericht behandelte Fälle, die sich zwischen Januar 2014 und September 2015 abgespielt hatten. 20 Fälle werden aufgeführt. Die Beträge, um die es geht, liegen zwischen 1 000  und 10 000 Euro. Insgesamt geht es um Darlehen in Höhe von 70 500 Euro, von denen Rudolf nur einen kleinen Teil zurückzahlte. Verurteilt wurde er zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt ist. Gegen das Urteil legte sein Verteidiger Berufung ein. „Es wird also vermutlich im ersten Halbjahr 2018 eine Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht Görlitz folgen“, so Richter Maaß.

Ein weiterer Aufreger, der die Menschen im Ort empört: Der frühere Bürgermeister soll auch nach den Betrügereien noch im Landratsamt in öffentlicher Funktion tätig gewesen sein. Nach SZ-Informationen war er in den zurückliegenden Jahren unter anderem in der Stabsstelle Flut beschäftigt. Ob Rudolf auch derzeit nach wie vor im Landratsamt arbeitet, dazu äußert sich die Behörde nicht. Aus Datenschutzgründen würden keine mitarbeiterbezogenen Auskünfte erteilt, heißt es auf Nachfrage. Unabhängig davon erklärt Karl Ilg, Leiter der Rechtsaufsichtsbehörde, wie es sich in solchen Fällen generell verhält. Demnach gilt: Eine Straftat führt nicht automatisch zur Kündigung – auch nicht im öffentlichen Dienst, sofern die Straftat nicht im Dienst begangen wird. „Außerdienstliches Fehlverhalten“ nennt das der Rechtsexperte. Als Beispiel, um das zu verdeutlichen, führt er ein Urteil an, das vor dem Landesarbeitsgericht Hamm gefällt wurde: Dort war ein Angestellter in der Polizeiverwaltung wegen Besitzes von Kinderpornografie zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Daraufhin kündigte ihm der Arbeitgeber. Vor dem Arbeitsgericht hielt die Kündigung nicht stand. Die außerdienstlich begangenen Straftaten hätten keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis, befand das Gericht. Diese Rechtslage stößt bei Beiersdorfern auf Unverständnis. Als „unvorstellbar und beschämend“ bezeichnen sie in einem Schreiben an die SZ den Umstand, dass jemand trotz Verurteilung weiter in öffentlicher Funktion tätig sein darf.

Bezüge für die Bürgermeistertätigkeit dürfte der ehemalige Ortschef aber nicht mehr erhalten, so zumindest die Auskunft aus dem sächsischen Innenministerium. Ehrenamtliche Bürgermeister erhalten eine Aufwandsentschädigung. In einer Gemeinde mit bis zu  1 500 Einwohnern – in diese Größenordnung zählt Beiersdorf – sind das 1 270 Euro monatlich. Diese Entschädigung erhält er nicht mehr, sobald er aus dem Dienst ausscheidet, erklärt das Innenministerium auf Nachfrage. „Der Anspruch entfällt mit Ablauf des Monats, in dem der ehrenamtliche Bürgermeister aus seinem Amt ausscheidet“, erklärt Ministeriumssprecherin Patricia Vernhold.

Matthias Rudolf war seit 1990 Bürgermeister und blieb es bis 2015. In dem Jahr standen Bürgermeisterwahlen an. Rudolf hatte sich erneut zur Wahl gestellt. Der zweite Kandidat, Hagen Kettmann, setzte sich mit knapp 59 Prozent der Wählerstimmen durch. Im Jahr davor hatte es bereits Bestrebungen gegeben, Rudolf als Bürgermeister abzusetzen. Die Abstimmung über ein Abwahlverfahren im Gemeinderat fiel letztlich aber zugunsten von Rudolf aus.