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Experte hält Angst vor Windrädern für unbegründet

Nach dem Umknicken einer Anlage bei Döbeln werden jetzt baugleiche Windmühlen technisch überprüft.

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© dpa

Döbeln. Rund 900 Windkraftanlagen rotieren in Sachsen, an gerade mal einer Handvoll hat es bisher Probleme gegeben. Zuletzt am Dienstag in Sitten bei Döbeln. Da ist eine 65 Meter hohe Anlage nach einem Rotorschaden im Fußbereich abgeknickt. Die Fotos von der Unglücksstelle haben einige Betrachter sprachlos gemacht. Im Internet reagierten Nutzer besorgt. Immerhin stünden Anlagen nicht nur in der „Pampa“, sondern auch in Autobahnnähe.

Prof. Dr. Martin Maslaton ist Vorsitzender des Landesverbandes Sachsen, der zum Bundesverband Windenergie (BWE) gehört. Er ist der Überzeugung, dass mit Windkraftanlagen genauso viel und genauso wenig passieren kann wie in allen anderen Lebensbereichen. „Ein Dach sollte auch sicher sein, trotzdem kann mal ein Ziegel herunterfallen“, sagt er.

Bei dem Windrad, das in Sitten umgeknickt ist, handelt es sich um ein älteres Modell vom ehemaligen Windkraftanlagenhersteller Tacke. „Die wurden nur bis 2001 gebaut. Für sie gibt es noch keine Typenprüfung“, so der Landesvorsitzende. Anlagen neueren Herstellungsdatums „werden inzwischen so getestet wie Flugzeuge – also, bis sie auseinanderfallen“, sagt Martin Maslaton.

Bei den technischen Prüfungen würden unter anderem Sollbruchstellen berechnet und wie die Anlagen reagieren, wenn sie einem Orkan ausgesetzt sind. Auch Materialermüdungen würden da beachtet. „Windkraftanlagen dürfen umfallen“, sagt der Experte. Allerdings sollten sie weitgehend intakt bleiben und nicht in Einzelteile zersplittern. In Sitten sind die jeweils sieben Tonnen schweren Rotorblätter beim Aufprall aufs Feld zwar nicht heil geblieben. Aber zumindest waren die einzelnen Bauteile noch gut erkennbar. Unter anderem wegen der Möglichkeit, dass Windkraftanlagen umstürzen können, „muss der Radius um eine solche Anlage auch freigehalten werden“, erklärt Prof. Maslaton. Er selbst halte es für gefährlicher, sich bei Sturm in einem Wald aufzuhalten. In Windkraftanlagen habe er größeres Vertrauen angesichts der unzähligen Prüfungen, die diese vorweisen müssen.

„Dann war es Schicksal“

Außer der technischen Abnahme ganz am Anfang stehen im Abstand von zwei Jahren technische Prüfungen an. Die Prüfung der umgestürzten Anlage in Sitten ist nach Angaben der Servicefirma erst vor einem halben Jahr erfolgt – ohne erkennbare Mängel. „Dann war es Schicksal“, schlussfolgert der Landesvorsitzende nach dem, was er bisher an Fakten kennt. Die Bevölkerung könne aber sicher sein, dass nach dem Vorfall in Sitten alle baugleichen Anlagen überprüft würden, wenn der eingeschaltete Gutachter Mängel feststellte, die sich wiederholen könnten.

Ein vergleichsweise kleines Risiko bleibt auch bei Windkraftanlagen immer, räumt der Experte ein. Das haben Mitte März Anwohner von Mahlitzsch bei Nossen erlebt. Eines Nachts war mit einem großen Knall ein 30 Meter langer Windradflügel geborsten. Im Sommer 2002 war im selben Windpark Heynitz eine Anlage nach einem Blitzeinschlag in Brand geraten. Beide Vorfälle sind Prof. Maslaton bekannt. Personen sind nirgendwo zu Schaden gekommen, auch am Dienstag in Bockelwitz nicht. (mit SZ/sig/DH)