Von Gabriel Wandt
Überhastet, falsch angepackt, verbunden mit deutlichem Sicherheitsverlust: Der SPD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Görlitzer Polizeipräsident Wolfgang Gunkel hat die Veränderungen bei der Bundespolizei scharf kritisiert und bestätigt, was die Menschen in der Grenzregion schon längst deutlich erfahren haben: Der Bundespolizei fehlen die Leute, um effektiv gegen Kriminelle vorgehen zu können. Man hätte nach dem Wegfall der Grenzkontrollen nicht einfach massiv das Personal kürzen dürfen, sondern die Entwicklung abwarten müssen, sagt Gunkel. Das Jahr 2010 wäre der richtige Zeitpunkt gewesen, zu reagieren: Dann hätte man nicht nur Auto- und Traktorendieben wirkungsvoller entgegentreten können. Es wäre auch klar gewesen, dass man nicht die Hälfte der Bundespolizisten von der Grenze nach Polen und Tschechien hätte abziehen dürfen. Immerhin arbeiteten vor dem Start der Reform 2008 laut Polizeigewerkschaft 1221 Bundespolizisten in den Inspektionen Ebersbach und Ludwigsdorf. Jetzt sind es 660, von denen laut Wolfgang Gunkel etwa 140 Kollegen beständig für Einsätze etwa an Flughäfen, vor allem aber reichlich weit weg von der Grenze, abgeordnet werden. Das sei ineffizient und belaste die Kollegen.
Der Krankenstand bei der Bundespolizei sei seit der Reform ungewöhnlich hoch, liege bei etwa 30 Prozent, schätzt Gunkel. Normal sei etwa die Hälfte. Stress durch den Personalabbau und das viele Fahren zu den Einsatzorten seien Gründe dafür. Dazu komme die ständige Unsicherheit darüber, wo und wie jeder Einzelne zukünftig arbeiten wird. Auch die Gewerkschaft der Polizei warnt, dass bis zu 25Prozent der Bundespolizisten am Burn-Out-Syndrom litten, also „ausgebrannt“ seien.
Anlass der aktuellen Kritik ist eine Sitzung des Bundestags-Innenausschusses. Dort legten Sachverständige jetzt ihre Einschätzungen zur Situation der Bundespolizei vor. In Präsidium und Bundesinnenministerium würden die Zahlen ernst genommen, sagt Sprecher Jörg Kunzendorf. Reaktionen seien ausgearbeitet. Nun werde geprüft, wie sie umgesetzt werden könnten.
Gunkel will nun einen Gesprächstermin bei Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erreichen, das Ende der Abordnungspraxis einmahnen und die Situation darstellen. Zumindest Letztere wurde de Maizière durch den Diebstahl seines eigenen Wagens kürzlich deutlich vor Augen geführt. Zuvor hatte er in der Lausitz mehr Druck auf Diebe angekündigt: Mit Hundertschaften, die in die Lausitz zum Dienst reisen, während die Kollegen der Region anderswo arbeiten.