Von Karin Schlottmann
Dresden. Eine Chance, ihre Entführung zu überleben, hatte Anneli-Marie offenbar nicht. Die 17-Jährige ist nach bisherigen Ermittlungen bereits am vorigen Freitag, einen Tag nach ihrem Verschwinden, getötet worden. Das teilte Dresdens Polizeipräsident Dieter Kroll am Dienstag auf einer Pressekonferenz mit. Am Montagabend hatten Ermittler die Leiche der Unternehmertochter aus der Nähe von Meißen auf einem ehemaligen Bauernhof entdeckt. Das Mädchen sei nackt gewesen, Teile ihrer Kleidung seien verbrannt worden.
Der Fall Anneli-Marie
Rund 1 200 Beamte hatten die Schülerin mehrere Tage lang gesucht. „Unsere Hoffnungen und Gebete sind nicht erhört worden“, sagte Kroll. Den beiden mutmaßlichen Tätern sei es von Anfang an um das Lösegeld in Höhe von 1,2 Millionen Euro gegangen. Die Eltern seien zahlungsbereit gewesen, aber offenbar hatten die Entführer keinen Plan für die Geldübergabe. Allein die Forderung, die hohe Summe per Online-Überweisung zu erhalten, sei unmöglich zu erfüllen gewesen.
Die Entführer hätten zudem keine Masken getragen, als sie Anneli am Donnerstagabend überwältigten und in ihr Auto zerrten, sagte Kroll. Die junge Frau war mit dem Hund in der Nähe ihres Elternhauses spazieren. Die Staatsanwaltschaft geht inzwischen von Habgier und Verdeckungsabsicht als Mordmotiv aus. Eine Sexualstraftat liege nicht vor.
Das Amtsgericht Dresden erließ Haftbefehle gegen die Tatverdächtigen. Sie sitzen in Untersuchungshaft. Während der eine schweigt, hat der zweite Täter eine Aussage gemacht, hieß es. Eine DNA-Spur am Fahrrad des Opfers führte die Polizei auf die Spur der Entführer. Zudem hatte sich ein Anwohner bei der Polizei gemeldet, dem das Tatfahrzeug aufgefallen war.
Bei den Beschuldigten handelt es sich um einen 61-Jährigen aus Dresden, der früher mit Edelmetall handelte und in Geldschwierigkeiten steckt, sowie um einen 39-jährigen Koch aus der Nähe von Bamberg. Er hatte mit seiner Familie bis vor Kurzem in dem ehemaligen Bauernhof in Lampersdorf gewohnt, in dem die Polizei Annelis Leiche fand. Die Beschuldigten kannten offenbar das Entführungsopfer vom Sehen. Anneli stamme aus einer bekannten und angesehenen Unternehmerfamilie, sagte Kroll.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Sachsens Innenminister Markus Ulbig (beide CDU) äußerten sich bestürzt über den Tod der Schülerin. Annelis Familie hat vor ihrem Haus eine Gedenkecke eingerichtet. „Wer eine Möglichkeit sucht, seiner Trauer Ausdruck zu geben, kann dies hier gern tun“, teilte ein Familienmitglied auf Facebook mit.