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Bergmann für Jungen, Engel für Mädchen

Wie der erzgebirgische Schwibbogen entstanden ist – und wo die schönsten Exemplare zu sehen sind.

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Ob jung, ob alt - Erzgebirgische Kunst ist bei jedermann beliebt.
Ob jung, ob alt - Erzgebirgische Kunst ist bei jedermann beliebt. © Adobe Stock/Angelika Bentin (Symbolfoto)

Dort wo es am dunkelsten ist, machen sich die Leute die schönsten Gedanken ums Licht. Das könnte man zumindest meinen, wenn man die Traditionen betrachtet, die im Erzgebirge in der Vorweihnachtszeit zum Alltag gehörten und noch immer gehören – und die woanders oft nur nachgeahmte Dekoration sind. So gibt es noch heute in vielen erzgebirgischen Familien den Brauch, den Mädchen zu ihrer ersten Weihnacht einen Engel und den Jungen einen Bergmann zu schenken. Dieser begleitet die Kinder dann oft ein Leben lang – und besetzt im Advent das Fensterbrett. Dann kann auch jeder Vorbeikommende sehen, wie viele Jungen und Mädchen in der Familie leben.

Der Ursprung der beiden Figuren ist jedoch ein anderer: Anfang des 16. Jahrhunderts wurden im Erzgebirge große Vorräte an Metallerzen entdeckt und abgebaut. Die Arbeit im Bergwerk war gefährlich und körperlich extrem anstrengend. Deshalb war es nötig, den Bergmännern – in fast jeder Familie ging einer der Söhne dieser Arbeit nach – einen Engel zur Seite zu stellen. Und so wie die Engel seit jeher viele öffentliche und private Räume zieren, gab es dann jene erzgebirgischen Lichterfiguren, die sowohl praktisch als Kerzenhalter aufgestellt wurden als auch symbolisch schutzbringend fungieren sollten. Beide sind übrigens die Vorläufer der Adventsleuchter. Der Brauch, an jedem Adventssonntag eine neue Kerze zu entzünden, ist noch vergleichsweise jung und verbreitete sich erst Anfang des 20. Jahrhunderts. Zurück zum Bergbau – denn von daher rührt auch der Lichter- beziehungsweise Schwibbogen. Die Urform beschreibt den Himmelsbogen mit Sonne, Mond und Sternen. Aber nur wenig später wurde daraus der Eingang zur Erzmine. Nach alter Überlieferung hängten die Bergleute damals aus Tradition ihre brennenden Grubenlampen zur letzten Schicht vor dem Weihnachtsfest im Halbkreis an die Wand und läuteten damit die Feiertage ein. Mittlerweile sind die traditionellen Holz-Lichterbögen auf der ganzen Welt bekannt und haben neben Nussknackern, Weihnachtspyramiden und Räuchermännchen die erzgebirgische Volkskunst untrennbar mit der Adventszeit verbunden.

Einige besonders schöne Exemplare findet man übrigens in der Weihnachtsausstellung des Lohgerbermuseums in Dippoldiswalde. Interessant sind dort auch die elektromechanisch betriebenen Weihnachtsszenarien, etwa eine Dorfschmiede, ein weihnachtlicher Rummelplatz oder eine Weihnachtsmannwerkstatt im verschneiten Winterwald. An den Wochenenden sind oft Volkskünstler vor Ort und zeigen, wie die traditionellen Symbole, die für viele Menschen inzwischen willkommene Dekoration sind, entstehen. Wer Weihnachten nicht nur im Museum, sondern in einem ganzen Dorf erleben möchte, fährt am besten nach Seiffen. In dem 2 500-Einwohner-Ort, der im Monat Dezember von mehr als 200 000 Touristen besucht wird, steht eine haushohe Pyramide. Und überall findet man in vielen kleinen Läden erzgebirgische Pyramiden, Räuchermännchen, Nussknacker und anderes. Natürlich bekommt man auch das Wahrzeichen des Ortes – die spätbarocke Bergkirche – als Holz-Miniatur.