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Damit der Traum vom Baby wahr wird

Wie ungewollt kinderlosen Paaren geholfen werden kann, erklärt Dr. med. Maren Goeckenjan vom Kinderwunschzentrum der Uniklinik Dresden.

Von Birgit Hilbig
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In vielen Fällen erhalten junge Paare nach einer Kinderwunschbehandlung die ersehnte Nachricht, dass die Frau schwanger geworden ist.
In vielen Fällen erhalten junge Paare nach einer Kinderwunschbehandlung die ersehnte Nachricht, dass die Frau schwanger geworden ist. © Foto: stock.adobe.com

Für viele Paare erfüllt sich der Kinderwunsch nicht so schnell wie erhofft. Ab wann ist es sinnvoll, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen?

In der Medizin spricht man von unerfülltem Kinderwunsch, wenn ein Paar mindestens ein Jahr lang an den fruchtbaren Tagen der Frau ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte, ohne dass eine Schwangerschaft eingetreten ist. Allerdings gibt es individuelle Aspekte, die nahelegen, sich schon früher beraten zu lassen – zum Beispiel ein Alter der Frau über 35 Jahre, Vorerkrankungen wie Krebs oder bereits bekannte Fruchtbarkeitsbeeinträchtigungen. Wer noch sehr jung und vielleicht gar nicht so oft zusammen ist, kann sich dagegen etwas mehr Zeit lassen.

Wohin sollte der erste Weg führen, wenn sich ein Paar für ärztliche Beratung entschieden hat?

Im Gegensatz zu Kliniken kann man sich in den meisten Kinderwunschzentren auch ohne Überweisung vorstellen. Viele Frauen haben jedoch ein sehr vertrauensvolles Verhältnis zu ihrer Gynäkologin oder ihrem Gynäkologen und fühlen sich sicherer, wenn sie ihr Problem zunächst dort besprechen und mit der Abklärung der Ursachen beginnen können. Gegebenenfalls wird bereits die Untersuchung des Mannes durch einen Urologen oder Andrologen empfohlen. Auf diese Weise tastet sich das Paar auch mental an die Kinderwunschbehandlung heran und spart Zeit.

Welches sind die häufigsten Ursachen für eine ausbleibende Schwangerschaft?

Bei den Frauen sind an erster Stelle Beeinträchtigungen der Eileiterfunktion zu nennen, gefolgt von Veränderungen der Gebärmutter und hormonellen Störungen, die beispielsweise zu einem unregelmäßigen Zyklus und seltenen Eisprüngen führen. Eine Rolle spielen auch Übergewicht und Diabetes. Bei Männern führen neben hormonellen Ungleichgewichten vor allem Erkrankungen des Hodens und der Samenwege, Beeinträchtigungen der Spermienfunktion sowie sexuelle Störungen dazu, dass sie kein Kind zeugen können. Verschiedene Allgemeinerkrankungen sowie eine ungesunde Lebensweise verringern bei beiden Geschlechtern die Chance auf ein Baby.

Wie verläuft das Erstgespräch im Kinderwunschzentrum?

Auch wenn es nicht verpflichtend ist, sehen wir es sehr gern, wenn das Paar gemeinsam zum ersten Termin kommt. Denn dort erklären wir, welche Untersuchungen vorgenommen und welche Maßnahmen eingeleitet werden sollen – und stellen dabei nicht selten fest, dass die Betroffenen selbst erst lernen müssen, offen über die Thematik zu sprechen.

Welche Schritte der Diagnostik folgen dann üblicherweise?

Nach einer umfangreichen Anamnese nehmen wir uns die Zeit, den Zyklus der Frau über mehrere Wochen zu beobachten und den Hormonstatus, den Schleimhautaufbau in der Gebärmutter und den Eisprung zu verfolgen. Beim Mann erstellen wir ein Spermiogramm – analysieren also das Ejakulat und beurteilen danach die Zeugungsfähigkeit. Daraus ergeben sich verschiedene Therapieansätze. Etwa der Hälfte aller Paare, die bei uns eine Behandlung beginnen, entscheidet sich schließlich für eine künstliche Befruchtung.

Welche Möglichkeiten gibt es auf diesem Gebiet?

In manchen Fällen genügt eine Intrauterine Insemination – das heißt, wir geben die Spermien direkt in die Gebärmutter und ersparen ihnen dadurch Wege. Die hormonelle Vorbereitung ist bei dieser Methode weniger belastend für die Frau als bei der In-vitro-Fertilisation, der Vermischung von Eizellen und Spermien im Reagenzglas, und der Intrazytoplasmatischen Spermien-injektion. Dabei werden einzelne Samenzellen direkt in Eizellen injiziert.

Wie hoch sind die Erfolgschancen dieser Methoden?

Das hängt natürlich stark vom Alter der Frauen ab. Bei einem Durchschnitt von 37 Jahren beträgt die Erfolgsrate einer Intrauterinen Insemination auf den Monat gerechnet zehn bis zwölf Prozent. Bei den beiden anderen Methoden der assistierten Reproduktion im gleichen Alter sind am Ende einer Behandlung rund 35, nach zwei bis drei Behandlungen etwa 60 und nach weiteren Behandlungen bis zu 90 Prozent der Patientinnen schwanger.

Wie federn Sie die enormen psychischen Belastungen ab, die eine Kinderwunschbehandlungmit sich bringt?

Uns GynäkologInnen steht ein ganzes Netzwerk an Beratenden zur Seite, die speziell dafür geschult sind, die Paare zu begleiten und ihnen bei der Verarbeitung der vielen Enttäuschungen zu helfen. Die Betreuung greift auch während der Schwangerschaft oder nach erfolgloser Behandlung. In diesem Fall werden Alternativen aufgezeigt, wie beispielsweise eine Spermaspende, die in unserem Zentrum allerdings nicht angeboten wird, oder eine Adoption. Eizellspenden und Leihmutterschaft sind in Deutschland generell verboten.

Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf Kinderwunsch und Schwangerschaft aus?

Nach einem Jahr Pandemie hat sich gezeigt, dass das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs für Schwangere nicht erhöht ist, und es sind auch keine coronabedingten Schädigungen des Embryos bekannt. Dennoch sollten Paare gründlich abwägen, ob sie gerade jetzt eine Kinderwunschbehandlung beginnen möchten – schließlich müssen sie sich dafür unter anderem häufig in eine Praxis oder Klinik begeben. Laufende Behandlungen werden natürlich fortgeführt, und nach entsprechender Aufklärung wird im Moment niemand abgewiesen.

Oberärztin Dr. med. Maren Goeckenjan
Oberärztin Dr. med. Maren Goeckenjan © Foto: Uniklinikum Dresden/Ulrich Lippke

Ansprechpartner:

Universitäts Kinder-Frauenzentrum
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Fetscherstraße 74
01307 Dresden
Haus 21
0351 4583491
ukdd.de/ifv

Was zahlen die Kassen?

Während die Krankenkassen die Kosten für die Untersuchungen zu den Ursachen der Kinderlosigkeit in der Regel vollständig übernehmen, zahlen sie für die sich anschließenden Behandlungen meist allenfalls anteilig. Je nach Methode und Anzahl der Versuche können zwischen einigen hundert und mehreren tausend Euro zusammenkommen. Für einen festgelegten Behandlungsumfang werden Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen mindestens 50 Prozent der Kosten erstattet. Es gibt jedoch eine ganze Reihe von Bedingungen, die z. B. Familienstand, Alter, ärztliche Atteste und das verpflichtende Beratungsgespräch betreffen. Der Behandlungs- und Kostenplan muss von der Kasse bewilligt sein. Darüber hinaus können Paare auch staatliche Unterstützung für eine Kinderwunschbehandlung beantragen. Die Mittel dafür stellen der Bund und die kooperierenden Länder – zu denen auch Sachsen gehört – gemeinsam zur Verfügung. (bh)

Sieben Tipps bei Kinderwunsch:

1. Relax: Das Stresshormon Adrenalin wirkt negativ auf die Spermienproduktion und Fruchtbarkeit. Deshalb sollte man versuchen, locker zu bleiben und sich nicht zu sehr auf das Thema zu fokussieren.

2. Alkohol weglassen: Alkohol vermindert ebenfalls die Fruchtbarkeit und die Spermiendichte. Also lieber mit einem alkoholfreien Cocktail anstoßen oder es sich mit einer Tasse Tee gemütlich machen.

3. Ausgewogen ernähren: Frauen sollten auf eine ausreichende Versorgung mit Jod, Folsäure, Eisen und Vitamin E achten. Für Männer sind Zink, Magnesium sowie die Vitamine B1, C und E wichtig.

4. Sport: Regelmäßige sportliche Bewegung (z. B. Yoga) sorgt für gute Laune und ein gutes Körpergefühl – und macht Lust auf Sex. Aber Hände weg von Anabolika-Präparaten: Sie bringen den männlichen Hormonhaushalt durcheinander.

5. Kein Nikotin: Bei Raucherinnen sinkt die Wahrscheinlichkeit, in einem Zyklus schwanger zu werden, um bis zu zehn bis 40 Prozent. Rauchende Männer haben weniger, kleinere und langsamere Spermien als Nichtraucher, zudem wurden genetische Veränderungen bei den Spermien beobachtet.

6. Kräuterkunde: In einigen Kräutern sind Wirkstoffe enthalten, die sich positiv auf den Hormonhaushalt der Frau auswirken. Dazu zählen z. B. Mönchspfeffer und Frauenmantel. Aber Hände weg von „Kinderwunschtees“ aus dem Internet! Man sollte sich dazu besser von Fachleuten beraten lassen.

7. Üben, üben, üben: Laut einer Studie steigt durch häufigen Sex auch an unfruchtbaren Tagen die Chance auf Schwangerschaft. Denn das weibliche Immunsystem stellt sich besser auf eine Befruchtung ein und lässt die Spermien eher „passieren“. Zudem erhöht Enthaltsamkeit zwar die Menge der Spermien, aber die Qualität nimmt ab. (iw)