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Wer richtig Feuer machen kann, kann Brände verhindern

"Kinder sind die besten Feuerhüter“, ist Naturpädagogin Astrid Schulte überzeugt.

Von Susanne Plecher
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Feuer kann auch schön sein und Spaß machen. Ein Lagerfeuer krönt abenteuerliche Sommertage. Man rückt näher zusammen, erzählt sich Geschichten, brutzelt Marshmallows.
Feuer kann auch schön sein und Spaß machen. Ein Lagerfeuer krönt abenteuerliche Sommertage. Man rückt näher zusammen, erzählt sich Geschichten, brutzelt Marshmallows. © Kosmos Verlag

Im Elbsandsteingebirge und in Nordsachsen brennen die Wälder, die Temperaturen erzielen seit Wochen immer wieder hohe Werte, Bäche versiegen, Wiesen sind staubtrocken. Und Naturpädagogin Astrid Schulte veröffentlicht „Das Feuerbuch“ – ein Ratgeberbuch für Kinder, das ihnen die Lust daran vermittelt, Feuer zu entzünden. Ein gefährlicher Widerspruch? Im Gegenteil, ist die Autorin überzeugt. Schulte, die als Kind wild sein durfte und einen Spielradius von fünf bis zehn Kilometern inklusive einer Feuerstelle, zweier Wälder und eines Bauernhofes hatte, gibt Kindern Kurse in Schnitzen und Feuermachen. Sie traut ihnen mehr Weitblick und Verantwortungsbewusstsein zu als manchem Erwachsenen.

Frau Schulte, warum ist Feuer so faszinierend für Kinder?

Feuer ist ein Stück Menschheitskultur. Ohne Feuer wären wir heute nicht da, wo wir sind. Erwachsene sind oft ängstlich oder trauen es sich nicht, ein Feuer ohne Grillanzünder, Gas oder Brennspiritus zu entzünden, wenn sie den Umgang damit nicht gelernt haben. Kinder haben aber ein großes Interesse daran. Ich erlebe sie mit großen Augen, wenn sie sehen, wie ich Feuer mache und wenn ich sie selber Feuer machen lasse. Ich finde, dass sie sich mehr mit der Thematik beschäftigen sollten – egal, ob im Kindergarten, der Grundschule oder mit den Eltern oder Großeltern. Natürlich ist Feuer auch Abenteuer. Man merkt das, wenn Kinder am Feuer sitzen. Dann werden sie ruhig, erzählen sich Geschichten. Feuer verbindet. Das ist in uns drin.

Zündelnde Kinder verursachen immer wieder Brände. Ist es nicht gefährlich, ihnen beizubringen, wie es geht?

Feuer ist ein gefährliches Medium. Deshalb müssen Kinder ein paar Dinge lernen, wenn es ums Feuermachen geht. Wenn sie sehen, wie schnell ein Feuer entzündet wird, wächst ihr Respekt davor. Deshalb ist für mich das Wichtigste, dass Kinder den Umgang damit lernen, weil sie dadurch zu Feuerwächtern oder Feuerhütern werden. Sie wissen dann, wie der Wind stehen darf, welche Abstände es braucht und wie ein Feuer gelöscht werden kann; was ich verbrennen kann, ob es trocken oder feucht sein darf, und welches Holz am besten brennt. Wenn sie sich damit beschäftigen, achten sie darauf und weisen andere darauf hin, auch die Eltern. Das kann schon sehr nervig sein, wenn sie einem sagen, dass es gerade nicht gut ist, was man macht. Aber das ist toll. Denn es ist nicht maßregelnd. Ich habe da einfach sehr schlaue Kinder sitzen, über die ich mich freuen kann. Sie zeigen Verständnis und sind achtsam.

Alles ist trocken, immer wieder brennen Wälder. Kann ich jetzt überhaupt guten Gewissens ein Feuer machen?

Ist es windig und die Hitze sehr groß, so wie jetzt, würde ich immer darauf verzichten, Feuer zu machen. Aber wenn ich bei Windstille an einer Feuerstelle bin und Land oder Kommune haben Feuermachen nicht verboten, dann ist es kein Problem. Ein kleines Feuer reicht schon aus. Wenn ich grillen möchte, ist die Glut wichtig, denn die Flamme verbrennt nur das Grillgut. Man sollte immer mindestens drei Liter Löschwasser dabei haben, um damit das Feuer zu besprenkeln und zu löschen. Denn Wasser hat kühlende Wirkung und wird zu Dampf. Das verbraucht viel Energie, die dem Feuer entzogen wird. Der Dampf umhüllt das Feuer, sodass es keine Luft bekommt – man entnimmt dem Feuer-Dreieck ein Element.

Stein-Spiegelei: Zutaten: Ei, feuerfester Handschuh, flacher Stein, eine Scheibe Brot, zwei Stöcke Zubereitung: Ein großer, flacher, trockener Granit- und Basaltstein wird am Rand der Glut erwärmt. Die Brotscheibe wird ausgehöhlt und als Pfannenrand auf d
Stein-Spiegelei: Zutaten: Ei, feuerfester Handschuh, flacher Stein, eine Scheibe Brot, zwei Stöcke Zubereitung: Ein großer, flacher, trockener Granit- und Basaltstein wird am Rand der Glut erwärmt. Die Brotscheibe wird ausgehöhlt und als Pfannenrand auf d © Kosmos Verlag

Was gehört zum Basiswissen über Feuer, das alle Kinder haben sollten?

Das Feuer-Warndreieck ist wesentlich. Es besagt, dass die drei Elemente Zündfunken, Brennmaterial und Sauerstoff zusammen ein Feuer ergeben. Wenn ich eines dieser Elemente reduziere oder entziehe, geht das Feuer aus. Diese Logik können Kinder verstehen. Und man kann das an jeder Grillstelle einmal ausprobieren. Was passiert, wenn ich eine dicke Woll(!)decke über ein kleines Feuer halte? Oder wenn ich mit einer Gießkanne sprenkelndes Wasser über das Feuer schütte? Dann erlischt das Feuer. Wenn ich das Brennmaterial zur Seite nehme, hat das Feuer keine Nahrung mehr. Ich finde es wichtig, den Kindern das nicht nur zu erklären, sondern auch über Eltern oder Pädagogen haptisch zu zeigen und sie es selbst ausprobieren zu lassen. Es ist unabdingbar, dass Eltern sich Zeit nehmen und sich mit den Kindern und der Thematik auseinandersetzen müssen.

Was brauche ich, wenn ich mit meinem Kind ein Feuer machen möchte?

Vorweg: Drinnen Feuer zu machen ist ein absolutes Tabu für Kinder. Das ist das Erste, was sie lernen müssen. Man macht Feuer immer nur draußen an einem geeigneten Ort. Das sind zum Beispiel von der Kommune oder dem Land ausgewiesene Grillplätze oder Orte auf dem eigenen Grundstück, die man dafür herrichtet.

Was ist dabei zu beachten?

Die Feuerstelle sollte weit vom Haus entfernt sein, mindestens zehn Meter. Grenzt ein Wald an, muss der gesetzlich vorgegebene Abstand zum Waldrand eingehalten werden – in Sachsen sind das 100 Meter. Hat man eine geeignete Stelle gefunden, nutzt man entweder eine Feuerschale, oder man hebt dort den Boden auf der Wiese aus, sodass man auf der Erde Feuer macht und nicht auf dem Gras. Die Feuerstelle kann mit Steinen eingefasst werden, sodass sie als Reflektor dient. Ein Durchmesser von 50 bis 100 Zentimetern reicht aus, um verschiedene Feuerarten wie Pagodenfeuer, Pyramidenfeuer oder Grubenfeuer auszuprobieren.

Welches Holz ist geeignet?

Trockenes und am besten selbst gesammeltes. Es gibt in Deutschland im Wald das Leserecht: Alles, was ich unter einem Arm tragen kann, darf ich mitnehmen und am Lagerfeuer verbrennen. Für zwei Stunden Lagerfeuer braucht man ungefähr zehn Kilo Holz. Man braucht Zunderholz, also dünne, trockene Zweige, daumendickes Nachlegeholz und dickes Brennholz. Weiches Pappel- oder Weidenholz brennt schneller runter als hartes Eichen- oder Buchenholz. Nadelholz enthält Harzhohlräume, die beim Verbrennen knacken und Funkenregen erzeugen, was bei Wind gefährlich werden kann.

Hotdog am Spieß: Zutaten: Haselstock als Grillspieß, Taschenmesser, Bockwürstchen, 400 g Mehl, 1 Pck. Trockenhefe, je 1 TL Salz und Zucker, 3 EL Sonnenblumenöl, 200 ml warmes Wasser. Zubereitung: Für den Brotteig werden erst alle trockenen Zutaten in eine
Hotdog am Spieß: Zutaten: Haselstock als Grillspieß, Taschenmesser, Bockwürstchen, 400 g Mehl, 1 Pck. Trockenhefe, je 1 TL Salz und Zucker, 3 EL Sonnenblumenöl, 200 ml warmes Wasser. Zubereitung: Für den Brotteig werden erst alle trockenen Zutaten in eine © Foto: Michael Ruder, Lichtpunkt,

Wie lassen Sie Kinder das Feuer entzünden?

Auf keinen Fall mit Feuerzeug oder Streichhölzern (lacht), sondern mit der archaischen Methode, mit der selbst im Mittelalter noch Feuer entzündet wurde. Ich lasse die Kinder mit dem Feuerstein und dem Schlageisen wie in der Steinzeit Funken erzeugen. Darüber lernen sie, fingerfertiger zu sein. Dann wenden wir einen Feuerstarter an. Das ist ein sogenanntes Cereisen. Zieht man ein Taschenmesser oder Metallplättchen darüber, entstehen Funken, die man auf Zundermaterial überträgt. Das können Baumwollwatte, trockene Distelsamen oder fein abgeschabte Birkenrinde sein. Wenn man weiß, wie es geht und was man nehmen muss, kann man innerhalb weniger Sekunden ein Feuer machen.

Astrid Schulte: „Das Feuerbuch. Alles rund ums Feuermachen.“ Mit Feuerstarter. Kosmos, 78 S., 24 Euro.
Astrid Schulte: „Das Feuerbuch. Alles rund ums Feuermachen.“ Mit Feuerstarter. Kosmos, 78 S., 24 Euro. © Kosmos Verlag