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Ein Gefühl für den Wert der Dinge

Wie erklärt man Kindern Nachhaltigkeit? Und wie kann man sie begeistern? Wir sprachen darüber mit Mai Trinh vom Lokale Agenda 21 für Dresden e.V.

Von Birgit Hilbig
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Tomaten kann man auch auf Balkon oder Terrasse anbauen.
Tomaten kann man auch auf Balkon oder Terrasse anbauen. © Foto: Adobe Stock

Als Referentin für Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung haben Sie schon viele Projekte begleitet. Wie erklären Sie Kindern den Begriff Nachhaltigkeit?
Wir müssen uns auf unserem Planeten so verhalten, dass Menschen in 100 oder mehr Jahren noch genau so gut leben können wie wir heute: Das verstehen auch schon kleinere Kinder. Ein gutes Beispiel sind die Wälder, die nicht schneller abgeholzt werden dürfen, als sie nachwachsen können. Bei Größeren kann man auch mit dem ökologischen Fußabdruck arbeiten: Er beschreibt, wie viel Fläche notwendig ist, um den Lebensstandard eines Menschen dauerhaft zu sichern.

Auf welche Vorkenntnisse stoßen Sie bei den Kindern?
In meiner Arbeit stelle ich immer wieder fest, dass Nachhaltigkeit – auch wenn sie das Wort vielleicht nicht benutzen – im Bewusstsein von Kindern stärker angekommen ist als in dem vieler Erwachsener. Schon in Kita und Grundschule erfahren Kinder zum Beispiel viel über die Natur und darüber, wie man sie schützt. Sie lernen, dass man Wasser und Strom sparen soll. Besser als die reine Wissensvermittlung ist es aber, wenn sie selbst etwas ausprobieren und das Gefühl erleben: Ich kann etwas beeinflussen, mein Handeln hat einen Effekt.

Was empfehlen Sie da besonders?
Sehr wirkungsvoll ist es meiner Erfahrung nach, wenn Kinder im Garten, auf dem Balkon oder Fensterbrett etwas anbauen dürfen. Wenn sie zum Beispiel sehen, wie langsam eine Tomatenpflanze wächst und wie viel Fürsorge sie braucht, ehe sie eines Tages Früchte trägt. Dadurch bauen die Kinder auch eine direkte Beziehung zur Natur auf und lernen, das Essen mehr wertzuschätzen und weniger wegzuwerfen. Hilfreich ist es da übrigens auch, statt im Discounter häufiger auf dem Wochenmarkt einzukaufen und dort mit den Erzeugern ins Gespräch zu kommen.

Worauf sollte man beim Einkaufen außerdem achten?
Viele Läden bieten inzwischen lose Waren an, und wo es nicht ohne Verpackung geht, sollte wenigstens das Verhältnis zur Menge des Inhalts stimmen. Wer bewusst einkauft, bevorzugt außerdem regionale und saisonale Produkte. Kinder verstehen, dass im Winter bei uns keine Erdbeeren wachsen und die, die es trotzdem zu kaufen gibt, einen langen Weg in Flugzeugen und Lkws hinter sich haben.

Herkunft und Herstellung spielen ja nicht nur bei Lebensmitteln eine Rolle.
Generell sollte man sich die Fragen stellen: Wo kommen die Dinge her, die ich nutze? Und was passiert danach damit? Das betrifft den Strom ebenso wie Möbel, Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik oder Kleidung. Und auch hier kann man bei Kindern ein Gefühl für den Wert entwickeln, indem man mit ihnen strickt, näht oder werkelt. Wer selbst schon mal einen Schal gestrickt hat, wird kaputte Kleidung vielleicht eher flicken als jemand, der keine Vorstellung von der Mühe hat, die darin steckt. Auch defekte Geräte müssen nicht gleich entsorgt werden, sondern lassen sich oft reparieren. Besonders viel Spaß macht das in einem Repair-Café, wo man Werkzeug und Material vorfindet und sich mit anderen austauschen kann.

Viele Lebensmittel gibt es inzwischen unverpackt zu kaufen.
Viele Lebensmittel gibt es inzwischen unverpackt zu kaufen. © Foto: Adobe Stock