Merken

Im Wald zu sein macht glücklich

Warum Natur für Kinder so wichtig ist und wie man ihnen Lust darauf machen kann, erklärt Waldpädagogin Stefanie Blaß.

Von Birgit Hilbig
 4 Min.
Teilen
Folgen
Die Natur ist voller spannender Dinge.
Die Natur ist voller spannender Dinge. © Foto: Stefanie Blaß

Seit 20 Jahren begleiten Sie Menschen als Waldpädagogin. Warum ist es für Kinder so wichtig, die Natur kennenzulernen und sich darin zu bewegen?
Die multimediale Reizüberflutung und Bewegungsarmut sorgt zunehmend für seelische Unausgeglichenheit, körperliche Probleme und Lernschwierigkeiten. Nicht nur viele Kinder, sondern auch ganze Familien leben mittlerweile distanziert von der Natur. Doch je früher man mit seinem Kind in die Natur geht, umso intensiver entwickeln sich Liebe, Wertschätzung und Interesse – und damit das Verständnis für die natürlichen Prozesse sowie der Wunsch, die Natur zu schützen. Aufgrund der immensen Bedeutung für die Kindesentwicklung, und weil sie einen wichtigen Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung leistet, wurde Waldpädagogik bereits 2008 im sächsischen Waldgesetz als Aufgabe der Forstbehörden festgeschrieben.

Auf welche Vorerfahrungen stoßen Waldpädagogen?
Wenn die Eltern mit ihrem Nachwuchs oft sportlich im Wald unterwegs sind, kennen die Kinder zum Beispiel Wanderrouten und Aussichtspunkte. Geht die Familie gern in die Pilze, liegt der Wissensschwerpunkt der Kinder dort. Es gibt aber auch Kinder, die mit elf, zwölf Jahren noch nie im Wald waren. Manche sind sehr offen und voller Neugier, andere eher vorsichtig. Sie haben mitunter Probleme beim Laufen auf natürlichen Wegen, weil sie nur ebenen Asphalt kennen oder Ängste, die sie von Erwachsenen übernommen haben – zum Beispiel vor Spinnen oder dem Verlaufen im Wald.

Wie finden Sie dann für Gruppen einen gemeinsamen Einstieg?
Wir Waldpädagogen nutzen spielerische Aktivitäten, die zum Staunen oder Lachen anregen, die Neugier wecken und Ängste nehmen. Für Kindergartenkinder bieten wir Naturerfahrungsstunden an, um ihnen von klein auf Lust auf den Wald und am Lernen in der Natur zu machen. Ältere Schüler haben manchmal Probleme, sich auf den Wald einzulassen, wenn sie ihn nicht in jungen Jahren kennengelernt haben. Kommen sie aber öfter, überwinden sie das sehr schnell. Für Schulklassen gibt es in den Forstbezirken und Großschutzgebieten ein- und mehrtägige waldpädagogische Angebote. Bei Sachsenforst werden sie jährlich von 60.000 bis 70.000 Teilnehmern genutzt. Die meisten davon sind Grundschüler.

Wie können Eltern ihre Kinder von Handy und Computer weglocken?
Ich denke, dass Eltern eine Vorbildfunktion haben. Wenn sie selbst nicht ständig aufs Handy schauen oder am Computer sitzen, übernehmen Kinder dieses Verhalten. Außerdem können Familien nicht nur Zeiten für die Mediennutzung, sondern auch für den Aufenthalt in der Natur vereinbaren – beispielsweise jeden Sonntag. Picknicks, sportliche Aktivitäten oder ein Spielenachmittag im Wald sind nur einige wenige Möglichkeiten. Selbst wenn Kindern anfangs vielleicht die Motivation fehlt, vergessen sie ihre Ablehnung meist schnell: Denn im Wald zu sein macht einfach glücklich!

Was nehmen die Kinder von den Waldaufenthalten emotional und an Wissen mit?
Die reine Wissensvermittlung reicht zur Entwicklung vielseitiger Persönlichkeiten nicht aus. Um ihren zukünftigen Alltag als Erwachsene meistern zu können, müssen Kinder lernen, selbstständig kreative Lösungen zu finden und anpassungsfähig zu sein. Wälder oder auch die Natur im Allgemeinen sind dafür perfekte Orte. Sie bieten reichlich Platz für Bewegung und regen die natürliche Entdeckerfreude an, sodass die Kinder selbstbestimmt und mit allen Sinnen lernen können.

Welche Tipps für kleine Beobachtungen oder Experimente können Sie Eltern geben?
Der Wald ist voll mit spannenden Dingen, die entdeckt werden wollen. So können Eltern und Kinder gemeinsam auf die Suche nach Fabelwesen gehen und Geschichten über sie erfinden. An Buchenstämmen lassen sich oft Strukturen finden, die an Gesichter erinnern. Oder die Familie erforscht mit der Lupe die vielen Unterschiede von Laubblättern. Sehr beliebt ist es auch, einen Waldschatz zu suchen. Dieser darf aber nur so groß sein, dass er in eine Hand passt. Was könnte solch ein Schatz sein? Und warum ist er so besonders für das Kind?Ein respekt- und rücksichtsvolles Verhalten im und für den Wald sollte selbstverständlich sein. Wer einen Ausflug in ein Schutzgebiet plant, muss aber auch dessen strengere Regeln kennen und einhalten.

Weitere Infos, Tipps und Angebote unter: www.sachsenforst.de