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Was Sie gegen nächtliche Panikattacken bei Kindern tun können

Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Dr. med. Veit Rößner vom Dresdner Uniklinikum beantwortet Leserfragen.

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Einen ruhigen, erholsamen Schlaf brauchen Kinder für ihre Entwicklung. Doch im Alter bis zu sechs Jahren wird der häufig durch Angstzustände gestört.
Einen ruhigen, erholsamen Schlaf brauchen Kinder für ihre Entwicklung. Doch im Alter bis zu sechs Jahren wird der häufig durch Angstzustände gestört. © ZB

Leserfrage

Unsere vierjährige Tochter schreckt seit ein paar Wochen nachts immer mal auf, weint, hat Angst und faselt unverständliche Dinge. Meist weiß sie gar nicht recht, wo sie ist, ist nicht ansprechbar und kann sich am nächsten Morgen an nichts erinnern. Was kann das sein und wie können wir ihr helfen, ruhig zu schlafen?

Es antwortet Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Dr. med. Veit Rößner.

Der SZ-Kolumnist Prof. Dr. Veit Roessner (Rößner) ist Kinder-Psychiater am Dresdner Uni-Klinikum "Carl Gustav Carus".
Der SZ-Kolumnist Prof. Dr. Veit Roessner (Rößner) ist Kinder-Psychiater am Dresdner Uni-Klinikum "Carl Gustav Carus". © Agentur

Was ist ein Nachtschreck und bis zu welchem Alter tritt er auf?

Die von Ihnen geschilderte Situation kennen sicher viele Familien: Wenige Stunden nach dem Einschlafen, wacht das Kind in Panik auf, ist verängstigt, weint, schreit und schlägt vielleicht sogar um sich. Auch Herzrasen und Schwitzen gehören zur Symptomatik. Und obwohl es die Augen offen hat, scheint es orientierungslos und reagiert nicht normal auf Ansprache. Man nennt das Nachtschreck oder Lateinisch pavor nocturnus.

Meist tritt dieses Phänomen im ersten Drittel des Nachtschlafes auf und die Kinder können sich am nächsten Morgen nicht daran erinnern. Typisch ist der Nachtschreck für die frühe Kindheit vom zweiten bis sechsten Lebensjahr, er kann aber auch noch bei älteren Kindern auftreten.

Belastet sind durch die nächtlichen Panikattacken weniger die Kinder selbst als vielmehr ihre Eltern. Sie machen sich Sorgen und wissen sich im Umgang mit den wiederkehrenden Episoden, die wie panische Angstzustände wirken, oft keinen Rat. Auch wenn es beängstigend ist, sein Kind so zu erleben, so ist der Nachtschreck meist harmlos.

Wie reagieren Eltern richtig, wenn das Kind nachts wimmert?

Als Eltern können Sie einiges tun, damit Ihr Kind schnell wieder ruhig schläft. Wichtig ist zunächst, dass Sie selbst Ruhe bewahren. Auch wenn Ihr Kind gar nicht richtig wach ist, wird es Ihre Anspannung spüren, was wiederum seine Erregung steigert. Daher atmen Sie tief durch und versuchen Sie, Ruhe und Sicherheit auszustrahlen.

Falls Ihr Kind um sich schlägt, sorgen Sie dafür, dass es sich nicht wehtut. Nehmen Sie es, wenn möglich, in den Arm oder halten Sie ihm die Hand. Lassen Sie es spüren, dass Sie da sind. Versuchen Sie nicht, Ihr Kind zu wecken; oft gelingt dies ohnehin nicht. Durch plötzliches Wecken könnte Ihr Kind verwirrt und zusätzlich verängstigt sein „Warum steht Mama an meinem Bett?“, „Wieso ist Papa so aufgeregt?“, was wiederum das Wiedereinschlafen erschwert.

Versuchen Sie stattdessen mit ruhiger, sanfter Stimme Ihrem Kind gut zuzureden. Geben Sie ihm Geborgenheit und Zuwendung. Machen Sie nur ein kleines, gedämpftes Licht an, vermeiden Sie Hektik, laute Geräusche oder gar lange Diskussionen. Versuchen Sie, Ihr Kind wieder ins Bett zu legen, damit es weiterschlafen kann. Da sich die Kinder selbst meist nicht erinnern, muss das nächtliche Erwachen am nächsten Morgen auch nicht noch mal erwähnt werden.

Welche Ursachen hat der Nachtschreck?

Die Ursache des Nachtschrecks ist oft unklar, gehäuft tritt er in Phasen von Veränderungen auf, etwa während der Kitaeingewöhnung, zu Schulbeginn, bei Umzügen oder im Urlaub. Bestimmte Faktoren wie familiäre Veranlagung, stressige Phasen, Schlafmangel, Fieber oder neue Umgebungen können das Auftreten des Nachtschrecks verstärken.

Was kann man vorbeugend tun?

Sorgen Sie daher für ein entspanntes Abendritual in Wohlfühlatmosphäre. Dazu gehört der Verzicht auf Mediennutzung mindestens eine Stunde vor dem Schlafengehen (kein Fernsehen oder Tablet).

Vermeiden Sie Streitgespräche oder das Bett als Strafe zu nutzen. Etablieren Sie stattdessen regelmäßiges gemeinsames Vorlesen oder Singen am Abend in kuschliger Atmosphäre etwa in einem leicht abgedunkelten Raum und einem Bett zum Wohlfühlen.

Lassen Sie auch nach stressigen Tagen oder nach Konflikten Ruhe einkehren. So fühlt sich Ihr Kind geborgen und kann sich entspannt in den langen, erholsamen Nachtschlaf verabschieden. Dies beugt nicht nur dem Nachschreck vor, sondern ist auch die Grundlage für einen ruhigen, erholsamen Schlaf.

Haben auch Sie eine Frage an den Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Dr. med. Veit Rößner vom Dresdner Uniklinikum?

Schreiben Sie an die Sächsische Zeitung, Nutzwerk, 01055 Dresden oder eine Mail an [email protected]