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Wer bekommt was bei einer Scheidung?

Mehr als 6.000 Paare lassen sich jedes Jahr in Sachsen scheiden. Die kniffligste Frage ist dabei oft der Zugewinnausgleich.

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Meine Hälfte geht mit in die neue Wohnung.
Meine Hälfte geht mit in die neue Wohnung. © Christin Klose/dpa

Von Sabine Meuter und Kornelia Noack

Die meisten Paare in Sachsen sind ohne Ehevertrag verheiratet. Damit leben sie automatisch in einer Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet, einer der Partner kann im Rahmen der Scheidung einen Antrag auf Zugewinnausgleich der Vermögenswerte beim Familiengericht stellen.

„Dabei geht es darum, das während der Ehe erworbene Vermögen zu teilen“, sagt die Fachanwältin für Familienrecht, Eva Becker. Am Vermögenszuwachs während der Ehe sollen beide je zur Hälfte teilhaben. Der Zugewinn ist die Differenz zwischen dem Anfangsvermögen bei Heirat und dem Endvermögen bei Scheidung.

Sind die Zugewinne gleich hoch, gibt es keinen Ausgleich. Beispiel: Beide hatten zum Zeitpunkt der Heirat bei null angefangen. Während der Ehe haben sie gemeinsam ein Haus erworben, sonstiges Vermögen in nennenswertem Umfang existiert nicht. „Beiden Seiten steht also jeweils die Hälfte des Hauses zu, mehr nicht“, sagt Martin Wahlers, Fachanwalt für Familienrecht.

Haben indes beide Eheleute oder einer von ihnen erheblich Vermögen hinzugewonnen, kann sich ein Zugewinnausgleich für einen der Partner rechnen. Indes macht ein Zugewinnausgleich nicht immer Sinn. „Das ist dann der Fall, wenn die Zugewinne sich offensichtlich nicht großartig unterscheiden“, sagt Wahlers. Dabei ist an die Kosten zu denken, die für Gutachter, Gericht und Anwälte anfallen können.

Zum Vermögen können zum Beispiel Aktiendepots, Versicherungen, Schmuck und teure Uhren gehören, wertvolle Kunst und Gemälde oder auch Bankguthaben. Wobei ein Partner nur im Ausnahmefall verlangen kann, dass ihm bestimmte Gegenstände übertragen werden, er also zum Beispiel Besitzer des Motorrads wird. „Vielmehr ist der Ausgleichsanspruch grundsätzlich ein Geldbetrag“, erklärt Eva Becker. Wobei es den Eheleuten frei steht, untereinander etwas anderes zu vereinbaren.

„Der Anspruch auf Zugewinnausgleich entsteht mit der Beendigung des Güterstandes automatisch. Wird keine einvernehmliche Lösung erzielt, muss er gerichtlich geltend gemacht werden“, sagt Tim Hofmann, Geschäftsführer der Notarkammer Sachsen. Vereinbarungen über die Berechnung und Höhe des Zugewinns ließen sich in einer Scheidungsvereinbarung treffen. „Darin kann auch auf den Ausgleich des Zugewinns verzichtet werden.“

Soll es zu einem Zugewinnausgleich kommen, muss es eine Vermögensaufstellung geben. „Dabei listen beide Partner alles, was vorhanden ist, auf“, sagt Wahlers. Das Endvermögen ist das Vermögen, das am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags des einen an den anderen Ehepartner existiert. „Die Beteiligten können sich aber auch ohne Aufstellung über das Vermögen einigen“, ergänzt Notar Hofmann.

Der Partner mit dem höheren Zugewinn in der Ehezeit muss die Hälfte der Differenz zahlen. Keine Rolle spielt, ob einer mehr verdient hat als der andere oder ob einer stets für größere Summen in der Ehe alleine aufgekommen ist, etwa für Reisen. Außen vor bleiben Erbschaften und Schenkungen an einen der Partner. Diese werden zum Anfangsvermögen gerechnet.

„Sie wirken sich nur beim Zugewinn aus, wenn es zu Wertsteigerungen kommt“, sagt Becker. Hat also einer der Partner ein Haus vermacht bekommen, das über die Jahre an Wert zugelegt hat, dann spielt dieses Plus bei der Berechnung eine Rolle. Tim Hofmann betont zudem: „Wenn ein Partner Unternehmer ist oder Familienvermögen mitbringt, kann es ratsam sein, dieses Geld oder etwaige Wertsteigerungen aus dem Zugewinn auszunehmen, um es nicht zu gefährden.“

Ebenfalls berücksichtigt wird, wenn ein Partner einen unverhofften Geldsegen wie einen Lottogewinn hat.

Und was ist mit Schulden?

„Partner haften nicht automatisch gegenüber dem Gläubiger mit“, stellt Jurist Wahlers klar. Es kommt allein darauf an, wer vertraglich die Schulden zurückzahlen muss. Anders sieht es nur aus, wenn der andere Partner eine Mithaftung übernommen und etwa einen Kreditvertrag mitunterzeichnet hat.

Mitunter kommt es vor, dass ein Partner schon bei der Heirat nur Schulden hatte oder seine Schulden höher als sein Vermögen waren. In solchen Fällen wird ein negatives Anfangsvermögen erstellt. Beispiel: Eine Frau hatte ein Anfangsvermögen von 20.000 Euro, ihr Endvermögen lag bei 40.000 Euro – ihr Zugewinn: 20.000 Euro. Der Mann hatte ein Anfangsvermögen von minus 10.000 Euro und ein Endvermögen von 10.000 Euro. Sein Zugewinn: 20.000 Euro. Auszugleichen ist in diesem Fall nichts, da die Differenz bei null liegt.

Beim Zugewinnausgleich gibt es aber auch Grenzen. Wer ausgleichspflichtig ist, muss nur den Betrag zahlen, den er tatsächlich hat. „Er oder sie muss dafür keine Schulden machen“, erklärt Becker.

Ein weiterer Punkt bei einer Scheidung: Die Rentenansprüche. Jene, die beide Partner in der Ehe erworben haben, werden je zur Hälfte geteilt, das ist der Versorgungsausgleich. Darin fließen Ansprüche ein für die gesetzliche wie für die private Rentenversicherung sowie für die betriebliche Altersversorgung. Hat eine Ehe weniger als drei Jahre gehalten, entfällt der Versorgungsausgleich. „Es sei denn, ein Partner verlangt ihn ausdrücklich“, so Becker.

Damit es beim Zugewinnausgleich fair zugeht, sollten sich Ex-Paare juristische Hilfe holen. Allzu lange warten sollten sie allerdings nicht: Drei Jahre nach einer rechtskräftigen Scheidung verjähren die Ansprüche. (dpa/rnw)

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