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Fans boykottieren Chemnitzer FC

Dem Fußball-Drittligisten fehlt die Hilfe von den Rängen. Er bleibt sportlich in der Krise und kommt auch ansonsten nicht aus den Negativschlagzeilen.

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Trainer David Bergner macht schwere Zeiten durch.
Trainer David Bergner macht schwere Zeiten durch. ©  dpa/Robert Michael

Chemnitz. Der Chemnitzer FC bleibt auch nach dem siebenten Spiel in der 3. Liga sieglos. Gegen den TSV 1860 München verlor der Aufsteiger am Freitagabend daheim mit 0:1 (0:0). Vor 4.566 Zuschauern erzielte Leon Klassen in der 77. Minute das einzige Tor der Partie. Mit drei Punkten bleibt der CFC auf einem Abstiegsplatz.

Die Ultra-Fans des Klubs riefen aufgrund der internen Querelen erneut zu einem Boykott des Spiels auf, so dass der Mannschaft die Hilfe von den Rängen fehlte. Auf die Frage nach möglichen Neuverpflichtungen sagte Trainer David Bergner: "Es möchte nicht jeder zu uns. Wir haben mehrere Absagen bekommen, weil wir wahrscheinlich im Umfeld nicht so arbeiten, wie das für den einen oder anderen wichtig ist. Da müssen sich einige Leute auch ein bisschen hinterfragen, ob sie Fußball in Chemnitz haben wollen oder ob wir im Stadion in zwei Jahren die Kühe weiden lassen."

Derweil verzichtet der Deutsche Fußball-Bund trotz akuter Rassismus- und Rechtsextremismus-Probleme beim CFC auf neue Maßnahmen, beispielsweise einen Runden Tisch. Nach heftigen Anfeindungen gegen Klub-Vertreter durch Fans und dem bundesweiten Aufschrei in den Medien nimmt der DFB die Politik in die Pflicht.

"Wir alle müssen gemeinsam für Menschlichkeit und gegen Diskriminierung eintreten: Vereine, Verbände, Fans, Spieler", sagte der erste stellvertretende DFB-Präsident Rainer Koch. "Auch die Hilfe und Unterstützung der Politik sind enorm wichtig, denn es geht um ein gesellschaftspolitisches Thema."

CFC-Verantwortliche beklagten, dass die Politik vor Ort zu wenig gegen rechtsextremistische Kräfte unternehme. Nach der Entlassung des CFC-Spielers Daniel Frahn aufgrund zu großer Nähe zur rechtsextremistischen Szene sagte Sportdirektor Thomas Sobotzik: "In Chemnitz und im Umland äußerte sich nur die AfD öffentlich, sonst keiner. Das stört mich und finde ich sehr schade." Er wurde beim letzten Auswärtsspiel als "Judensau" beschimpft. Der DFB ermittelt und prüft, ob er einen Strafantrag stellt.

Ab Montag benötigt der Klub einen neuen Notvorstand

Lars Fassmann, Chemnitzer Stadtrat und CFC-Kenner, sah das ähnlich. "Viel zu zögerlich" sei die Reaktion der Politik, sagte er. Bis vor kurzem sei die Präsenz der Chemnitzer Hooliganszene in der Stadtgesellschaft "normal" gewesen und Frahn nur ein Bauernopfer. "Die Leute, die es wirklich verbockt haben und was ändern könnten, werden nicht zur Rechenschaft gezogen."

Der DFB unterstützt den CFC dabei, sich klar gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu positionieren. Es gibt einen Anti-Rassismus-Beauftragten und Fachtagungen. Der DFB spricht nach den jüngsten Entgleisungen von einer schwierigen Lage: "Die Problemstellungen rund um den CFC sind komplex und kaum kurzfristig zu lösen."

Insolvenzverwalter Klaus Siemon erscheint als starker Mann - offenbar gestützt durch den DFB. Sobotzik und er gehen inzwischen gegen jede rassistische Äußerung knallhart vor. Die Fronten verhärten sich. Auch bei der laufenden Umstrukturierung des CFC greift Siemon hart durch, drohte mit Liquidation des Vereins und schaffte sich auch unter den gemäßigten Fans viele Gegner.

Eine Besserung ist kaum in Sicht. Ab Montag benötigt der CFC einen neuen Notvorstand. Außerdem dürfte sich die Stimmung in den nächsten Wochen kaum aufhellen, weil der Aufsteiger auch sportlich im Tabellenkeller schwere Zeiten durchmacht. Wahrscheinlich gibt es neue Attacken aus der rechtsradikalen Szene, die das Ansehen des Klubs weiter sinken lassen. Eine Lösung ist nicht in Sicht.

Quasi auf kleinem Dienstweg will der Nordostdeutsche Fußball-Verband eingreifen. Dessen Vorsitzender Erwin Bugar nimmt am Montag Kontakt zum CFC auf. Man wolle schauen, wo Hilfe gebraucht wird, sagte der ranghöchste ostdeutsche Funktionär. Ein Ausschluss des CFC aus dem Spielbetrieb komme nicht infrage. "Das halte ich für überzogen." (dpa/sid)