Merken

Fast 1 000 Moped-Führerscheine für 15-Jährige

Eine Sonderregelung wird im Landkreis Meißen häufig genutzt. Die jüngste Verlängerung lässt Jugendliche aufatmen.

Teilen
Folgen
© Matthias Weber

Von Luca Sing

Riesa. Mopedfahren ist für viele Jugendliche der Inbegriff der Freiheit. Auch für Muriel Drexler: Die 18-Jährige hatte sich vor drei Jahren für den Mopedführerschein mit 15 angemeldet. „Ich fahre mit meinem Roller einfach überall hin“, sagt sie. „Zur Schule, zur Chorprobe oder zu meinen Freunden.“ Auch wenn Muriel Drexler in Weida wohnt, wo die Busanbindung relativ gut ist, war der Führerschein für sie ein großer Schritt in die Unabhängigkeit.

Für viele Jugendliche, die auf dem Dorf aufgewachsen sind, hat der Führerschein einen ganz anderen Stellenwert: Unter der Woche fahren täglich oft nur sechs Busse, drei morgens, zwei mittags und der letze um 17 Uhr. Will man außerhalb der Buszeiten irgendwo hin, bleibt nur der „Fahrdienst“ der Eltern, der auch nicht immer zur Verfügung steht. Eine Lösung für das Problem ist der Mopedführerschein mit 15. Im Kreis Meißen wird das Angebot rege angenommen: 935 Mopedführerscheine für 15-Jährige wurden seit dem Beginn des Pilotprojektes 2013 ausgestellt – das seitdem in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen läuft. Das Angebot nutzten im Landkreis im ersten Jahr 95, im folgenden schon 160 Jugendliche. Die Idee dahinter ist, dem Wegzug von Jugendlichen vom Land entgegenzuwirken: Wer besser zur Schule, zum Ausbildungsplatz, ins Kino oder zu Freunden kommt, denkt nicht so schnell ans Weggehen. „Ich finde es sehr sinnvoll, dass junge Leute schon so früh mobil sein können“, sagt Marie Gerber von der gleichnamigen Fahrschule aus Riesa. „Zudem können sie schon mit 15 Erfahrungen im Straßenverkehr sammeln – in Hinsicht auf die Verkehrsvorschriften, aber auch, falls sie später einmal den Motorradführerschein machen wollen“, so die Fahrlehrerin.

Das Pilotprojekt war zunächst auf fünf Jahre begrenzt, somit wäre es dieses Jahr ausgelaufen. Das führte dazu, dass in den letzten Wochen in der Führerscheinstelle in Meißen keine Anträge mehr angenommen wurden. Lutz Donath, Fahrschulleiter aus Riesa, hat die Verwunderung in den Gesichtern seiner Fahrschüler gesehen: „Einige von ihnen hatten die Theorieprüfung schon gemacht. Nun hätten sie warten müssen, bis sie 16 sind, um den Führerschein zu beenden – da bin ich schon froh, dass die Regelung nun verlängert wird“.

Das Bundesverkehrsministerium hatte vor wenigen Tagen bestätigt, dass das Projekt für zwei Jahre weiterläuft. Das war aber nicht selbstverständlich. Kritiker monieren, dass die Unfallzahlen deutlich angestiegen seien, wie in Österreich, wo seit 1997 auch 15-Jährige Moped fahren dürfen. Das ist dem Fahrlehrer Mario Band von der Fahrschule Sachsen-Dreier aus Riesa nicht aufgefallen: „Mir ist nicht bekannt, dass es hier vermehrt zu Unfällen gekommen ist. Ich kenne den Führerschein mit 15 schon aus DDR-Zeiten, da war es auch kein Problem.“ Band hält die Debatte für aufgebauscht. Laut Angaben der für den Kreis Meißen zuständigen Polizeidirektion Dresden gab es im Landkreis 2017 lediglich sechs Verkehrsunfälle von 15-jährigen Mopedfahrern. 16-Jährige tauchten mit 16 Unfällen in der Statistik auf.

Thomas Triems ist ebenfalls glücklich, dass die Sonderregelung verlängert wird. Der Chef des Kreisverbands der Fahrlehrer ist selbst Ausbilder bei der Fahrschule Puma in Stauchitz: „Es kam zum Glück die Einsicht, dass der Mopedführerschein ab 15 im ländlichen Raum in Ostdeutschland sehr wichtig ist. Gegen die Abschaffung sind wir Fahrlehrer Sturm gelaufen.“

Laut Triems wird ein wesentlicher Effekt außer Acht gelassen: Wenn die Jugendlichen mit 17 oder 18 Jahren die Fahrerlaubnisprüfung für das Auto ablegen und kurz darauf den Führerschein ausgestellt bekommen, berechtigt sie dieser auch für das Fahren von Mopeds. „Das ist ein Sicherheitsrisiko. Da ist die solide Ausbildung in der Fahrschule direkt für das Moped deutlich besser. Wenn man das Fahren eines motorisierten Zweirades aber nie unter Aufsicht gelernt hat, kann es schnell zu Unfällen kommen.

Dass man mit dem Führerschein ab 15 wichtige Erfahrungen für den späteren Autoführerschein sammeln kann, bestätigt auch Muriel Drexler: „Es hat mir sehr geholfen, mich schon früh in den Straßenverkehr einzugliedern. Die Erfahrung hat mir dann das Autofahren sehr erleichtert.“ Und außerdem sei es immer schön, unabhängig von Eltern und Bussen zu sein.