Von Dieter Schütz
Wenn sich deutsche Beamte zu Morddrohungen gegenüber ihrem obersten Standesvertreter hinreißen lassen, will das schon einiges heißen. Als Peter Heesen, Vorsitzender des Deutschen Beamtenbundes, vor vier Jahren zu Beginn seiner Amtszeit über faule Beamte herzog, löste er einen Aufschrei in den eigenen Reihen aus. „Ein Beamter, der dauerhaft und selbstverschuldet schlechte Leistungen zeigt, stört den Betriebsfrieden“, hatte Heesen im SZ-Interview erklärt. Mittlerweile hat sich die Aufregung in der eigenen Organisation etwas gelegt. Wenn sich der 60-jährige Gymnasiallehrer heute in Berlin auf dem Gewerkschaftstag des Beamtenbundes zur Wiederwahl stellt, dann ist ihm eine klare Mehrheit jedenfalls sicher.
Mit Peter Heesen ist in dem 1918 gegründeten Traditionsverband ein neuer Stil eingekehrt. Jahrzehntelang war der konservative Beamtenbund als eine der erfolgreichsten Lobbyverbände Deutschlands dafür bekannt, dass er jede Reform im öffentlichen Dienst kategorisch ablehnte. Heesen dagegen tritt für eine Modernisierung des Beamtenrechts und für eine leistungsgerechte Bezahlung im öffentlichen Dienst ein. Gleichzeitig versucht er, das in der Bevölkerung weitverbreitete negative Image des öffentlichen Dienstes aufzupolieren.
Stabile Mitgliederzahlen
Mit seinem Reformkurs muss er allerdings nicht nur gegen Widerstände in den eigenen Reihen ankämpfen. Auch die Bundesregierung tut sich damit schwer. Bis heute hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die gemeinsamen Vorschläge des Beamtenbundes und der Gewerkschaft Verdi für ein neues Dienstrecht der Beamten und eine an der Leistung orientierten Bezahlung nicht aufgegriffen. Eine weitere Schlappe musste das CDU-Mitglied Heesen mit der Föderalismusreform der Großen Koalition einstecken: Gegen seinen Willen erhielten die Bundesländer mehr Kompetenzen, um beispielsweise die Bezahlung der Landesbeamten in eigener Regie zu regeln.
Dennoch kann Heesen auf eine positive Bilanz verweisen: An zahlreichen Privilegien der deutschen Beamten wird weiterhin nicht gerüttelt. Sie sind weiterhin unkündbar und müssen praktisch keine eigenen Beiträge für ihre Altersversorgung bezahlen. Noch etwas spricht für Heesens Wiederwahl: Der 1,2 Millionen Mitglieder zählende Beamtenbund ist die einzige deutsche Großgewerkschaft, die seit Jahren stabile Mitgliederzahlen vorweisen kann – gleichwohl im öffentlichen Dienst Zehntausende Stellen eingespart wurden.