Von Jens Hoyer
Döbeln. Die sächsische FDP zeichnet sich auf Landesebene vor allem durch politische Bedeutungslosigkeit aus. Aus dem sächsischen Landtag ist sie 2014 rausgeflogen, nachdem die Liberalen ein Jahr zuvor schon nicht mehr in den Bundestag gekommen waren. Beim Dreikönigstreffen der FDP am Freitag in Döbeln beklagte Landeschef Holger Zastrow die nach seiner Meinung nach ungerechte Fünf-Prozent-Hürde und die Situation allgemein. „Welche Fehler haben wir eigentlich gemacht? Das Senken der Hotelsteuer? Wir haben uns für Lapalien abwählen lassen.“
In diesem Jahr will man es besser machen. Ein neuer Bundestag wird gewählt und die Liberalen wollen wieder rein. Wie, das hat Zastrow gesagt. „Unsere Chance ist es, eine Alternative zur AfD zu sein. Aber als eine Partei, die Lösungsansätze hat und Probleme lösen will“, sagte Zastrow. Die AfD sei mit ihrer Euro-Kritik groß geworden. „Wir hätten damals die Kritiker sein müssen und auf Einhaltung der Stabilitätskriterien drängen müssen“, so Zastrow. Die AfD habe die Lücke gefüllt, die die FDP offen gelassen hatte.
Repräsentationslücke nennt Professor Werner Patzelt die Kluft, die die etablierten Parteien dann aufmachen, wenn sie die angestammten Plätze verlassen und sich nicht mehr um die Belange ihrer Wähler kümmern. Der renommierte Wissenschaftler aus Dresden hat den Liberalen und ihren Gästen beim Dreikönigstreffen sehr plastisch die Phänomene Populismus, Pegida und AFD erklärt.
Pegida in Dresden sei nur der Vulkanschlot für das Magma, das unter Deutschland brodelt, sagte Patzelt. Angeheizt werde es durch das Gefühl, dass der Sozialstaat brüchig wird. Durch den sozialen Druck der Globalisierung, durch das Gefühl der Fremdbestimmtheit beim Einwanderungsgeschehen. Und vom Gefühl, dass der gesellschaftlichen Zusammenhalt durch die Multikultur verloren geht. Und nicht zuletzt durch den Verlust des Vertrauens in die politischen Eliten. „Populismus entsteht dann, wenn sich die Ansicht verbreitet, die da oben wüssten über die Ansichten von denen da unten nicht Bescheid oder nehmen sie nicht ernst. Das öffnet den Raum für neuen Bewegungen und Parteien, die sich dann als Versteher des wahren Volkswillens sehen.“
Das Phänomen ist nicht neu, erklärte Patzelt. Als die SPD zu weit nach rechts abtriftete, machte sie den Platz frei für die Grünen. Jetzt sei die „CDU die beste SPD, die Deutschland je besaß“. Und in diese Lücke auf der rechten Seite ist die AfD hineingestoßen. „Am besten wäre es, gar keine Repräsentationslücken erst aufkommen zu lassen, die dann von den Vereinfachern besetzt werden. Es ist wichtig, dem Volk sichtbar zuzuhören.“ Für Patzelt erfüllt es den Tatbestand der Feigheit, wenn die etablierten Parteien nicht mit der AfD und den Populisten reden. „Das sind oft Leute, die sich halsstarrig und lauthals irren. Aber Sie könnten auch ab und zu recht haben.“
Die FDP könnte das Protestpotenzial für sich nutzen, sagte Patzelt. Als eine Partei, die dafür sorgt, dass sich der Staat wieder auf seine Kernkompetenzen – Recht und Ordnung – konzentriert. Und als eine Partei mit liberalen Grundlagen. „Bei den liberalen Prinzipien ist die AfD eher blass“, so Patzelt.
Es werde ein schwerer Wahlkampf, meint Zastrow. „Es gab noch nie eine Wahl, die so fremdbestimmt war wie diese. Ich fürchte, dass die FDP dabei auf der Strecke bleiben könnte.“ Im Landkreis Mittelsachsen tritt die FDP mit dem 22 Jahre alten Jurastudenten Philipp Hartewig an, der sich beim Dreikönigstreffen jugendlich-frisch vorstellte. Seine Schwerpunkte will er unter anderem bei der Digitalisierung setzen. „Beim Breitband hängt Mittelsachsen hinterher“, sagte er.