Sachsen
Merken

ARD-Chef bringt ZDF-Fusion ins Gespräch - Sachsen fordert Debatte

Tom Buhrow regt umfassende Änderungen bei den Öffentlich-Rechtlichen an. Sachsens Medienminister Oliver Schenk ist angetan und warnt vor "Denkverboten".

Von Thilo Alexe
 3 Min.
Teilen
Folgen
ARD-Chef Tom Buhrow wirft Fragen zur Zukunft der Sender auf.
ARD-Chef Tom Buhrow wirft Fragen zur Zukunft der Sender auf. © Oliver Berg/dpa (Archiv)

Hamburg/Dresden. Inmitten der heftigen Debatte um die Öffentlich-Rechtlichen hat der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow Vorschläge für eine tiefgreifende Neuordnung der Rundfunklandschaft gemacht. "Mein fester Eindruck ist: Deutschland scheint uns in zehn Jahren nicht mehr in dem Umfang zu wollen - und auch finanzieren zu wollen wie heute", sagte der 64-jährige Buhrow am Mittwochabend vor dem Verein Übersee-Club in Hamburg. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" publizierte die Rede. Buhrow ist auch WDR-Intendant.

Buhrow, der ausdrücklich nicht in seiner Funktion als derzeitiger ARD-Vorsitzender, sondern für sich selbst sprach, regte Eckpunkte für die Reform an. "Erstens: Wir müssen aus dem bisherigen System Staatskanzleien hier, Sender dort ausbrechen. Zweitens: Wir brauchen dafür einen Runden Tisch, der einen neuen Gesellschaftsvertrag ausarbeitet. Eine Art verfassungsgebende Versammlung für unseren neuen, gemeinnützigen Rundfunk." Drittens dürfe es an diesem Runden Tisch keine Tabus und keine Denkverbote geben. Buhrow sprach auch von Verlässlichkeit und Sicherheit für mindestens eine Generation.

Sachsens Medienminister Schenk: ÖRR "massiv beschädigt"

Der WDR-Intendant sagte mit Blick auf das ARD-Gemeinschaftsprogramm Das Erste und das Hauptprogramm des ZDF: "Die erste Frage - glaube ich -, die wir uns stellen müssen, ist: Will Deutschland im 21. Jahrhundert weiter parallel zwei bundesweite, lineare Fernsehsender? Wenn nicht: Was heißt das? Soll einer ganz verschwinden und der andere bleiben? Oder sollen sie fusionieren, und das Beste von beiden bleibt erhalten?" In der Rede ging es auch um die zukünftige Ausgestaltung der ARD-Regionalprogramme und die Rolle von Orchestern, Bigbands und Chören. Zudem warb Buhrow dafür, offen über bundesweites Radio zu diskutieren, was es bislang innerhalb der ARD nicht gibt.

Der Medienmacher erhielt Zustimmung aus der Politik, unter anderem von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Positiv wurden die Worte des Intendanten auch in Sachsen aufgenommen. "Die Rede von Tom Buhrow ist ein Weckruf", hob Medienminister und Staatskanzleichef Oliver Schenk (CDU) hervor. Vertrauen in die Öffentlich-Rechtlichen sei "massiv beschädigt" worden, sagte der Politiker und spielte damit auf mehrere Affären bei NDR und RBB an. Er begrüße, dass Tom Buhrow "in seinem Debattenbeitrag diese Reformnotwendigkeit betont hat".

Unabhängige Experten sollen beraten

Buhrow stellt viele Fragen und damit auch etliches infrage: "Und was ist mit den regionalen Programmen? Sollen sie als Vollprogramme bleiben? Oder in dem einen verbleibenden bundesweiten Programm aufgehen?" Käme es dazu, führte das vermutlich zu einer Schwächung der ARD-Anstalten. Zudem hätte womöglich die Politik weniger Einfluss auf die Rahmenbedingungen.

Schenk betonte mit Blick auf die Aufgaben der Sender: "Es geht um Akzeptanz und Vertrauen, um den Anspruch auf Meinungsvielfalt, Ausgewogenheit und Objektivität, um die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für unser demokratisches Gemeinwesen, um die Anpassung an Nutzerverhalten und technische Möglichkeiten." Er zeigte sich überzeugt, dass ein starker, gesellschaftlich akzeptierter öffentlich-rechtlicher Rundfunk für die Meinungsbildung zu wichtigen Fragen unverzichtbar bleibe.

Alle 16 Ministerpräsidenten hätten mittlerweile den neuen Medienstaatsvertrag unterzeichnet, in dem bereits Weichen für eine neue Plattformstrategie gestellt werden, fügte der Minister hinzu. Zudem sollten die Anstalten weitgehende Flexibilität bei der Beauftragung der Programme erhalten. Schenk betonte: "Wir brauchen einen breiten gesellschaftlichen Diskurs ohne Denkverbote sowie die Bereitschaft aller Beteiligten, Verantwortung auch für einschneidende Veränderungen zu tragen." Unabhängige Experten hätten die Chance, freier und ergebnisoffener als bestehende Gremien Reformvorschläge auf den Tisch zu legen. (mit dpa)