Die "Wende" hat für die ungewöhnlichsten Lebensläufe gesorgt. Auch bei Samuel Meffire. 1970 im sächsischen Zwenkau geboren als Sohn eines kamerunischen Vaters und einer deutschen Mutter, schlug er sich mit Jobs durch und leistete seinen Wehrdienst bei der Kasernierten Volkspolizei. Dann studierte er Kriminalistik, wurde Beamter im Sächsischen Staatsschutz und Dresdner. 1992 stand Meffire Modell für eine Kampagne gegen Ausländerfeindlichkeit und war bald ein Medienstar. Doch 1994 kam der Bruch: Der erst 24-Jährige bekam zu viel Höhe, stiegt bei der Polizei aus und gründete seinen eigenen privaten Sicherheitsdienst "Omega", bei dem allmählich die Grenzen zwischen Recht und Unrecht verschwammen und er sich in die Kriminalität halb freiwillig begab, halb gezogen wurde. Bis hin zum bewaffneten Raubüberfall. Er musste fliehen, nach Paris, bis in den Kongo, wurde schließlich verhaftet und verurteilt und kam für fast sieben Jahre ins Gefängnis.
Das klingt nach dem Stoff für ein großes Bildschirmdrama - und wird es auch. Der große amerikanische Streaminganbieter Disney+ hat die Rechte an der Geschichte erworben und wird daraus zusammen mit den Produktionsfirmen Big Window und Panthertainment eine Serie für den deutschen und globalen Markt machen. Titel: "Sam - Ein Sachse". Sie will den Lebensweg Meffires erzählen "vom Symbol einer vielfältigen und modernen Gesellschaft, einem Menschen auf der rastlosen Suche nach Anerkennung und Gerechtigkeit, bis hin zum Staatsfeind", wie es heißt.

Die Geburtsstunde Projekts liegt schon länger zurück. "Vor mehr als zehn Jahren brachte Tyron Ricketts die Geschichte von Sam Meffire zu mir – als er den schwarzen ostdeutschen Polizisten Patrick Grimm in unserer Serie Soko Leipzig spielte", schildert Jörg Winger, Geschäftsführer und Produzent bei Big Window Productions. "Bis vor kurzem gab es allerdings für diese Geschichte keinen Platz in der deutschen Medienlandschaft." Das hat sich inzwischen geändert.
„Als mir Sam seine Geschichte erzählte, war mir klar, dass diese Story um die Welt gehen muss", erklärt Ex-Schauspieler Tyron Ricketts, der inzwischen Geschäftsführer und Produzent von Panthertainment ist. "Während wir es gewohnt sind, die Welt durch weiße Augen zu sehen, erzählt ,Sam Ein Sachse' den Kampf um seine Heimat als erster schwarzer Polizist in Ostdeutschland aus seiner eigenen Perspektive." In einem Ostdeutschland, wie man hinzufügen muss, dass in den frühen Neunzigern einen unerhörten Aufstieg des Rechtsextremismus und des Rassismus erlebte.
"Wir wollen Diversität als Normalität zeigen"
"Sam - Ein Sachse" wird als Star Originalexklusiv auf dem Streaming-Service Disney+ verfügbar sein. Über die Weltmarktbedeutung und das Potenzial des US-Medienkonzerns muss man nicht viele Worte verlieren, aber auch die Produktionspartner lassen aufhorchen: Hinter Big Window steckt die mächtige Ufa-Fiction. Unter ihrem Geschäftsführer Jörg Winger entstand zum Beispiel die dreistaffelige Erfolgsserie "Deutschland 83" & Co. Zurzeit entwickelt Big Window die deutsch-französische Serie "Ouija" sowie die Miniserie "Der Dschungel" über den Covid-19-Ausbruch im Umfeld einer modernen Fleischfabrik.
Tyron Ricketts' Panthertainment wiederum hat sich ganz der Entwicklung und Ermöglichung von Filmen und Serien verlegt, in denen Geschichten von nichtweißen Menschen erzählt werden. Es geht dem Team darum, "Diversität als Normalität" zu zeigen. Schon seit 25 Jahren ist Tyron Ricketts aktiv im Engagement für eine inklusive Gesellschaft und gegen Rassismus in Deutschland. Insofern scheint sicher zu sein: "Sam – Ein Sachse" hat nicht nur Unterhaltung im Blick.
Samuel Meffire hat sich nach der Haftentlassung übrigens wieder gefangen. Er lebt heute im Rheinland, ist verheiratet und schreibt Bücher. Natürlich Kriminalgeschichten.