Fridays For Friedliche Revolution

Schon der Titel ist ein kleines Wagnis: Mit „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“ spielt das so genannte ARD-Drama natürlich auf den Weltbestseller „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ von Milan Kundera über die 1968er-Ereignisse in Prag an. Doch „leicht“ war die Friedliche Revolution in der DDR natürlich nicht gerade und alles andere als absehbar, das sie friedlich bleiben würde.
Es geht dem Film auch gar nicht um die Ereignisse vom Herbst 1989. Vielmehr erzählen Autor Thomas Kirchner und Regisseur Andy Fetscher deren Vorgeschichte, beginnend mit den Aktionen junger Leipziger Umweltschützer im Jahr 1988, die zunächst im Schutz der Kirche auf die katastrophale Verseuchung der Natur aufmerksam machten. Schon das ist ein ungewöhnlicher Blick auf den „Vornovember“, ebenso frisch ist der Zugriff der Produktion. Sie versucht keine Rekonstruktion des authentischen Milieus, wie das die meisten Filme über jene Zeit tun. Vielmehr setzt sie auf einen ästhetischen Brückenschlag vom Damals ins Heute und lässt ihre Helden wirken wie eine Mischung aus DDR-Umweltbewegung, BRD-Post-Achtundsechzigern und der gegenwärtigen Jugendbewegung Fridays For Future.
Ost-Öko-WG inklusive lesbischem Liebespaar
Das ist grundsätzlich ebenso reiz- wie sinnvoll, schließlich sind zahlreiche Anliegen die gleichen geblieben und unverändert drängend. Nur die Ausstattung von „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“ lässt die Vergangenheit routiniert wieder auferstehen. Im Grunde geht es um eine Erweckungs- und Erwachsenwerd-Geschichte: Die 19-Jährige Franka (Janina Fautz) ist Tochter angepasster Eltern in Leipzig und lernt den gleichaltrigen Stefan kennen (Ferdinand Lehmann), der wie so viele junge Leute des Samisdat seine Nische als Altenpfleger gefunden hat.
Staunend und zunehmend begeistert geht Franka in Stefans Clique junger Umweltaktivisten auf, die ein Haus „besetzt“ haben und dort als Öko-WG inklusive lesbischen Liebespaar leben, Protestaktionen planen, feiern und Songs von Rio Reisers Westberliner Agitprop-Combo Ton, Steine, Scherben hören. Wie diese Bewegung zu einer Antriebswelle der Montagsdemos wird, sich von der ihr zögernd Schutz gebenden Kirche emanzipiert und die ersten öffentlichen Protestaktionen und Demos wagt; das vermittelt „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“ tatsächlich auf so anschauliche wie leichte und eigenständige Weise.
Aber allzu geschmiert verläuft die Figurenentwicklung. Seltsam rückstandslos gleitet Franka aus der Rolle des staunenden Neulings in die der treibenden, tapferen und alle anderen inspirierenden Heldin und bekommt flugblätterwerfend sogar eine Sophie-Scholl-Szene. So bleiben sie und auch Stephan letztlich eher oberflächliche, vorhersehbare und unspannende Rollen. Konflikte innerhalb der Gruppe werden kurz an-, aber nie ausgespielt, Verfolgung und Haft dürfen freilich auch nicht fehlen, ebenso wenig die Klischees des antipathischen Stabü-Lehrers und des kalt-hässlichen Stasimannes. Dass mehr gegangen wäre, deuten die besten, weil tiefsten und strapaziertesten Neben-Charaktere von Frankas Vater und Mutter an, famos verhalten gespielt von Inka Friedrich und Alexander Hörbe.
So unkonventionell der Ansatz ist, so sehr verharrt das Vorwende-Drama dann doch im konventionellen Erzählen. Immerhin, unterhaltsam ist der 90-Minüter durchaus. Und unbedingt reizvoll als Appetitanreger, der neugierig macht auf das, was die sich stetig wandelnden (Film-) Blicke auf die Geschichte uns künftig noch so alles bescheren werden.
Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution: 20.15 Uhr (ARD) und in der Mediathek