Wirtschaft
Merken

Verbraucherschützer drohen Banken mit Klagen

Viele Verbraucher können Gebühren von Banken zurückfordern. Doch schnell geht das nicht - und manches Institut droht mit Kündigung.

 1 Min.
Teilen
Folgen
Blick über die Bankenskyline von Frankfurt und den Main hinweg. Verbraucherschützer drohen angesichts der teils schleppenden Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Gebühren an Bankkunden  mit Klagen.
Blick über die Bankenskyline von Frankfurt und den Main hinweg. Verbraucherschützer drohen angesichts der teils schleppenden Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Gebühren an Bankkunden mit Klagen. © dpa/Boris Roessler

Frankfurt/Berlin. Verbraucherschützer drohen angesichts der teils schleppenden Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Gebühren an Bankkunden nach dem jüngsten BGH-Urteil mit weiteren Klagen. "Wenn wir jetzt nicht sehen, dass die unzulässigen Kontogebühren erstattet werden, dann werden wir in eine zweite Runde vor Gericht ziehen", sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Klaus Müller, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte Ende April in einem Verfahren um die Deutsche-Bank-Tochter Postbank entschieden, dass Banken bei Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen. Die Klausel, wonach Geldhäuser von einer stillschweigenden Zustimmung ausgehen können, wenn Kunden einer Änderung nicht binnen zwei Monaten widersprechen, benachteilige Kunden unangemessen.

Geldhäuser müssen Kunden nun im Nachhinein um Zustimmung zu den aktuellen Gebühren bitten. Zudem können Bankkunden Gebühren, die Kreditinstitute ohne explizite Einwilligung erhoben hatten, zurückfordern - nach Einschätzung der Stiftung Warentest rückwirkend bis zum 1. Januar 2018.

Allerdings müssen Verbraucher dafür oft von sich aus aktiv werden. "Alles, was wir an Gebühren seit dem Urteil vereinnahmt haben, wird automatisch in den nächsten Wochen zurückgebucht", sagte jüngst zum Beispiel Commerzbank-Finanzvorständin Bettina Orlopp. Kunden mit älteren Ansprüchen könnten sich zwecks Prüfung an die Bank wenden.

Verbraucherschützer Müller sieht diese Praxis mit Argwohn: "Wir sehen schon, dass jetzt versucht wird, Schlupflöcher zu finden, indem man entweder sagt, die Kunden müssen sich erst einmal melden oder die Kunden müssen nachweisen, welche Gebühren eigentlich wirklich dazugekommen sind."

Müller mahnte: "Die Banken und Sparkassen müssen dieses Urteil erfüllen. Sie müssen das von sich aus erfüllen. Und sie müssen es auch für alle Kunden erfüllen und nicht nur für diejenigen, die sich jetzt melden." Ansonsten gebe es "rechtliche Instrumentarien, um das notfalls zu erzwingen".

Musterfeststellungsklage möglich

Möglich wäre zum Beispiel eine sogenannte Musterfeststellungsklage. Dieses Vehikel gibt es seit dem 1. November 2018. Verbraucher sollen es damit leichter haben, ihre Rechte durchzusetzen. Sie müssen dann nicht selbst klagen, sondern können sich ohne Anwalt der Musterklage eines Verbraucherverbandes anschließen. Ein Urteil klärt in solchen Fällen die grundsätzlichen Fragen und ist für alle verbindlich.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte Bankkunden Ende Juni aufgerufen, über ein anonymisiertes Onlineportal zu melden, wie ihre Bank oder Sparkasse auf das BGH-Urteil reagiert hat. Nach vzbv-Angaben ist bisher eine vierstellige Anzahl von Verbraucherinnen und Verbrauchern dem Aufruf gefolgt.

Eine Sparkasse und einige kleinere Genossenschaftsbanken nahmen demnach eine Erstattungsforderung zum Anlass, die Kontobeziehung mit dem Kunden zu kündigen. Müller appellierte an die Finanzbranche, ihr Vertrauen nicht zu verspielen. "Wir sind nicht der Meinung, dass Bankdienstleistungen kostenlos sein müssen. Aber es geht um die Frage: Wie werden Gebühren erhöht? Es geht um die Frage: Wie transparent sind die Gebührenerhöhungen?", sagte Deutschlands oberster Verbraucherschützer.

Die Verbraucherzentrale in Stuttgart hat nach eigenen Angaben explizit die Gebührenpraxis der Sparda-Bank Baden-Württemberg ins Visier genommen. Das genossenschaftliche Institut habe in Schreiben an seine Kunden im Fall einer Rückerstattung eine Art Strafgebühr in Aussicht gestellt, monierte die Verbraucherzentrale.

Ein Sprecher der Sparda-Bank hatte dazu erklärt: "Unsere Vorgehensweise sehen wir als logische Konsequenz aus dem Urteil." Kunden, die dies wollten, bekämen Gebühren zurück. Dann sei eine neue Vereinbarung nötig, mit einer monatlichen Gebühr von 7,50 Euro. Die Bank biete Kunden auch an, auf eine Rückerstattung zu verzichten und dafür die bisherige Kontogebühr von 5 Euro beizubehalten.

Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) als Dachverband der fünf großen Bankenverbände in Deutschland überlässt die Umsetzung des Urteils den einzelnen Instituten. "Welche konkreten Maßnahmen das einzelne Institut aus dem Urteil ableitet, obliegt der individuellen Bewertung und Entscheidung des jeweiligen Hauses", erklärte die DK. "Wenn sich Kunden mit Rückforderungsansprüchen an die Institute wenden, werden diese daher stets in eine Einzelfallbetrachtung einbezogen und individuell entschieden."

Eine Kündigung des Kontos als Folge eines Streites um Gebühren sieht die Kreditwirtschaft demnach nicht als Regelfall: "Erfahrungsgemäß werden die Institute häufig zunächst das Gespräch mit dem Kunden suchen, zumal sie ein hohes Interesse daran haben, einmal gewonnene Kunden zu behalten", heißt es in der DK-Stellungnahme. (dpa)