Elfjähriger aus Dresden gewinnt durch Auftritt bei "The Voice Kids" ein Millionen-Publikum

Dresden. Hans Tröger wischt über ein Smartphone und ruft noch einmal das Video auf, das in seinem Leben so einiges verändert hat. Neben ihm, auf dem Sofa, sitzt sein Vater: "Wie viel jetzt?", fragt er. Hans zählt auf: "473 Kommentare, 53.000 Likes." Mehr als 700.000 Aufrufe bei Tik Tok. Bei Youtube: Mehr als 300.000 Klicks. "Das...", sagt der Vater "...ist krass", ergänzt Hans.
Das Video wurde am Freitag, 25. März bei Sat. 1 ausgestrahlt. Es zeigt, wie der elfjährige Hans Tröger, Sohn des Linken-Stadtrats Tilo Kießling, bei "The Voice Kids" auftritt. Hans spielt Gitarre und singt dazu den Titel "Sterne glühn" vom Liedermacher Wenzel.
Nach wenigen Takten hat Hans die ersten Jury-Mitglieder auf seiner Seite, allen voran den Popstar Lena Meyer-Landrut. Im Publikum bricht Jubel aus. Am Ende gibt es gar keinen Zweifel: Hans kommt in die nächste Runde. "Du spielst wie ein Gott", sagt man ihm. "Für Elfjährige war das eine Meisterleistung."
So viel Spannung. So viel Erleichterung. So viel Lob. Man sieht Tilo Kießlings Strahlen an, wie stolz er auf seinen Sohn ist. Er fragt sich aber auch: "Was fangen wir damit jetzt an?" Ist das alles nur ein Spaß, der bald wieder abflaut? Oder müssen sie jetzt professioneller werden?
Die Mutter kümmert sich um das "Management"
Es ist Samstagvormittag, Anfang April, ein Besuch bei Hans und seinen Eltern in Blasewitz. Die Erstausstrahlung liegt über eine Woche zurück. Eigentlich ist das Video schon älter, es wurde im Oktober in Berlin gedreht. Aber wenn Vater Tilo Kießling vom Auftritt erzählt, ringt er noch immer um Worte: "Das war das Ergreifendste, was ich je erlebt habe", sagt er.
Birke Tröger, Hans' Mutter, kümmert sich seitdem um das "Management", wie sie sagt. Radiosender stellen Anfragen, Zeitungen bitten um Interviews mit Hans. Auch der Oberbürgermeister habe schon Interesse angemeldet: "Herr Hilbert hat gesagt, er will ihn buchen." Für einige Kommentare zum Tik-Tok-Clip braucht die Familie nun die Übersetzungsfunktion, sie sind in arabischer Sprache verfasst.
Auch jenseits der sozialen Medien bekommt Hans mehr Aufmerksamkeit. Zwar wird er in seiner Schulklasse nicht wie ein Star behandelt. Aber früher war es so: Wenn er die älteren Schüler auf dem Pausenhof fragte, ob er mit ihnen Fußball spielen darf, sagten sie: "Hä, wer bist du denn?" Jetzt sagen sie: "Ah, willst du mitspielen?"
Die erste Gitarre im Alter von drei Jahren
So schnell kann das gehen. Als Hans drei Jahre alt war, bekam er seine erste Gitarre. Musik zu machen, sei ihm schon immer leicht gefallen. "Wahrscheinlich wegen meines Opas", erzählt er. Wenn die beiden sich treffen, schnappt sich der Opa ein Akkordeon und spielt zusammen mit seinem Enkel. Überhaupt wird und wurde in der Familie viel musiziert. Mit einer Ausnahme: "Ich bin der einzige, der nicht musikalisch ist", sagt Vater Tilo Kießling.
Dennoch war er es, der sich früher zu Hans ins Bett legte, um ihm vor dem Schlafen Musikvideos auf Youtube vorzuspielen. Der Vater war er es auch, der mit Hans im ersten Lockdown 2020 einen Youtube-Kanal einrichtete, um eigene Videos hochzuladen. Vor "The Voice Kids" hatten sie 160 Abonnenten. Jetzt sind es fast 800. In Zukunft wollen sie "technisch ein bisschen aufrüsten", sagt Birke Tröger. Hans will auf jeden Fall neue Clips produzieren.
Vertrag mit Schweigeklausel
Viel zu tun also. Denn Hans übt ja täglich eine Stunde Gitarre, spielt außerdem Klavier, Tischtennis und macht Karate. Hinzu kommen die Auftritte, oft am Wochenende, und nicht zuletzt Schule und Hausaufgaben. Fühlt er sich manchmal überfordert?
Hans schüttelt den Kopf. Manche Lieder seien schwerer zu lernen als andere, sagt er. "Aber ich bin nicht so einer, der hart üben muss." Birke Tröger fügt hinzu, dass Hans das Sächsische Landesgymnasium für Musik besucht. Dort werde darauf geachtet, dass Schüler nicht überlastet werden. Wenn viele Konzerte anstehen, fällt der Unterricht auch mal kürzer aus oder findet vorübergehend gar nicht statt.
Die Entscheidung, ihren Sohn bei "The Voice Kids" mitmachen zu lassen, haben sich die Eltern nicht leicht gemacht. Schließlich würden Kandidaten bei solchen Shows mitunter respektlos behandelt, sagte Tilo Kießling schon vor einigen Wochen. Um so erfreuter waren die Eltern darüber, wie achtsam mit den Kindern bei "The Voice Kids" umgegangen wurde. "Es war eine tolle Woche", sagt Birke Tröger über die Proben und Dreharbeiten.
Hans freut sich nun darauf, dass es bald weitergeht. Bei "The Voice Kids" habe er viel dazu gelernt - und neue Freundschaften geschlossen. Mit wem, darf er aber noch nicht verraten. Ein Vertrag legt fest, dass nichts über die nächste Sendung bekannt werden darf. Nicht einmal das Lied, das Hans singen wird. Der Auftritt wurde schon im Januar aufgezeichnet. Auf Sat. 1 wird das neue Video entweder am 15. oder am 22. April gezeigt.