Feuilleton
Merken

Lutz van der Horst im Interview: Merkel hatte nie Bock auf die "heute-show"

Lutz van der Horst ist als schlagfertiger Außenreporter der "heute-show" bekannt. Derzeit ist er in Dresden als Erzähler in der "Rocky Horror Show" zu erleben. Wir haben mit ihm gesprochen.

Von Bernd Klempnow
 5 Min.
Teilen
Folgen
Lutz van der Horst in der "Rocky Horror Show" der Landesbühnen Sachsen. Die Inszenierung ist im Alten Schlachthof in Dresden zu erleben.
Lutz van der Horst in der "Rocky Horror Show" der Landesbühnen Sachsen. Die Inszenierung ist im Alten Schlachthof in Dresden zu erleben. © Pawel Sosnowski

Dresden. Einem Millionenpublikum ist der Comedian Lutz van der Horst als schlagfertiger Außenreporter der "heute-show" bekannt. Derzeit ist der 46-Jährige in einer anderen Rolle zu erleben: als Erzähler in der "Rocky Horror Show" der Landesbühnen Sachsen, die Sebastian Ritschel als ungemein bunte, frech-frivole Revue im Alten Schlachthof Dresden inszeniert hat. Ein Gespräch über van der Horsts Rolle, seine brachiale Selbstaufgabe für den Traum vom Fernsehen und warum es nicht cool ist, Leute von der Straße vorzuführen.

Herr van der Horst, die "heute-show" macht Sommerpause, Sie haben Zeit. Haben die Landesbühnen Sie vielleicht auch mit Geld geködert?

Tatsächlich habe ich mich, als die Anfrage vor zwei Jahren aus Dresden kam, sehr gefreut. Mir bedeutet das Stück schon lange sehr viel. Ich habe als 18-Jähriger die Verfilmung im Fernsehen gesehen, und war geflasht. Sie müssen sich vorstellen, ich komme zwar aus Köln, aber aus einem katholischen Elternhaus, war in einer katholischen Schule und Messdiener. Und da öffnete dieser Film mir eine ganz andere Welt. Ich musste mich in die Rolle des Erzählers gar nicht groß reinarbeiten. Ich kann den Text praktisch auswendig. Wobei natürlich der Erzähler den Vorteil hat, dass er ein Buch in der Hand hat und ablesen könnte.

Wie schön ist es, Kleid und Fummel auf der Bühne zu tragen?

Ich finde die Idee super, dass ich diese Transformation durchmache und bin positiv überrascht, wie das Publikum das abfeiert: bei jedem Kostümwechsel Zwischenapplaus. Ich denke darüber nach, Politiker-Interviews in Kleid oder Strapsen zu führen.

Wie ist es neben den fast nackten, super gebauten Darstellern aufzutreten?Deprimierend. Die Darsteller sind ausnahmslos perfekt in shape und ich – naja… Rank und schlank bin ich leider nicht. Viele der Darsteller sind im gleichen Hotel wie ich untergebracht und wir winken uns dann immer nett zu, wenn sie ins Fitness-Studio gehen und ich rüber ins Restaurant. Die Darsteller sind wahnsinnig begabt, können singen, tanzen, spielen. Das könnte ich gar nicht leisten. Da habe ich einen Riesenrespekt. Die Rolle des Erzählers ist passend für mich, da kann ich meine Stärken ausspielen, auf die Zuschauer spontan reagieren, wenn die den Erzähler, wie es Tradition ist, als langweilig beschimpfen oder dann doch "sexy" rufen, wenn ich im roten Paillettenkleid rauskomme.

Wie oft nehmen Sie Schauspiel-Angebote an?

Nicht sehr oft. Klar, ich hatte die Rolle des Gefängniswärters Frosch in der "Fledermaus" an der Oper Wiesbaden. In der Schule habe ich viel Theater gespielt und zeitweise überlegt, ob ich auf eine Schauspielschule gehen soll. Aber dann fehlte mir der Mut. Ich habe schlichtweg großen Respekt, wenn jemand diesen Weg einschlägt. Es ist nicht der bestbezahlte Job. Das ist es beim Fernsehen aber auch nicht zwingend.

Umso erstaunlicher, was Sie alles getan haben, um im Fernsehen zu landen.

Es war immer schon ein Traum von mir. Aber es war schwierig, weil meine Eltern gar keinen Bezug zum Fernsehen hatten. Es ist eben viel leichter, wenn man Kontakte hat, etwa um einen Praktikumsplatz zu bekommen oder irgendwo einzusteigen. Deswegen war mein Weg lang und steinig. Immer musste ich penetrant sein, musste nachfragen, mit DVDs nerven. Und habe mir auch einiges gefallen lassen müssen, um überhaupt Auftritte zu bekommen.

Als alberner Blasehase aufzutreten oder als Günni von Stefan Raab war der Preis. Ist Ihnen das peinlich?

Es war brutal peinlich, aber der Preis war es natürlich total wert. Der Blasehase war meine erste Rolle im Fernsehen und ich finde es erstaunlich, dass ich immer noch darauf angesprochen werde. Nur meine Mutter hat es mir noch nicht verziehen. Ich arbeite dran. Viel mehr Leute sehen und kennen einen heute. Wenn die "heute-show" läuft, sehen das sofort fünf Millionen. Dann kommen noch die Wiederholungen dazu und die Youtube-Clips und -Kommentare. Ich empfinde es als schön, dass mich Leute auf Beiträge ansprechen, die schon vor Jahren gelaufen sind.

In der "heute-show" sind Sie einer der Außenreporter, der Politiker und Menschen auf der Straße befragt – Ihre oder die Ideen der Redaktion?

Die Ideen kommen meistens aus der Redaktion. Auch gibt es keine Regel, wer von uns welches Thema macht. Von außen vermutet man eine ausgeklügelte Strategie. Die Wahrheit ist eher so: Wer Zeit hat, der macht den Film.

Gibt es Lieblingsszenerien?

Parteitage sind sehr anstrengend. Man steht so dermaßen unter Spannung und hat in der Regel nur eine Chance, mit bestimmten Politikern zu reden. Nun geht das ja wieder los, und ich freue mich: Die ganzen großen Köpfe jagen und abfangen.

Drängen Leute vor die Kamera?

Es gibt Leute, die Lust haben zu diesem Spiel. Die kommen förmlich auf einen zu. Und dann gibt es Leute, denen sieht man an, dass man keine Chance hat. Sie weichen aus oder zücken das Handy. Jemand wie Markus Söder genießt das. Er ist ja auch schlagfertig.

Die Außenreporter der "heute-show": Am Freitag sind Lutz van der Horst (l) und Fabian Köster im Deutschen Bundestag zu Besuch
Die Außenreporter der "heute-show": Am Freitag sind Lutz van der Horst (l) und Fabian Köster im Deutschen Bundestag zu Besuch © Thomas Wolfschläger/ZDF/dpa

Mal bei Merkel versucht?

Sie war so eine Kandidatin, bei der von Anfang an klar war, sie hat gar keinen Bock. Schwierig war zudem, dass sie immer von vielen Sicherheitsleuten umringt war. Die können auch handgreiflich werden, alles erlebt. Man muss aufpassen, nicht zu aufdringlich zu werden, weil man Hausverbot kriegen kann. Ich will ja wiederkommen. Ich versuche, die Balance zu halten, penetrant, aber nicht unverschämt zu sein.

Wie bereiten Sie das vor?

Vieles ist spontan, anderes aber auch konkret vorher geplant und überlegt. Also eine Claudia Roth frage ich anderes als Markus Söder. Es ist an solchen Tagen ein Wust von Fragen in meinem Kopf. Diese Spannung zu halten und dann auch meine Fragen abschießen zu können, das ist schon sehr anstrengend. Schön ist es, Leute zu treffen, die überraschend viel Selbstironie haben wie Günther Oettinger, dessen sehr mäßiges Englisch wir in der Show gefeiert haben. Er ließ sich später als Sprachjoker in die Sendung schalten. Toll!

Lieber Prominente, Geschäftsleute, etwa auf einer Messe, oder Leute von der Straße?

Alle! Prominente sind oft schlagfertig und wissen, mit der Kamera umzugehen. Das kann ein Vorteil, aber auch ein Nachteil sein. Oft ist es auch lustig, wenn normale Menschen mit der Situation ein bisschen überfordert sind. Da muss man aufpassen, dass man das nicht zu sehr ausnutzt. Das kommt schnell unsympathisch rüber. Solche Leute vorführen, ist nicht cool.