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So absehbar war der "Polizeiruf" aus Brandenburg

In Brandenburgs „Polizeiruf“ darf der genderfluide Kommissar Ross seinen ersten Fall alleine lösen. Dabei glänzen vor allem die Darsteller.

Von Oliver Reinhard
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Kriminalhauptkommissar Vincent Ross ((André Kaczmarczyk, r.) befragt Insolvenzverwalter Udo Schick ( (Bernhard Schir), dessen Mandant unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommen ist.
Kriminalhauptkommissar Vincent Ross ((André Kaczmarczyk, r.) befragt Insolvenzverwalter Udo Schick ( (Bernhard Schir), dessen Mandant unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommen ist. © RBB

Es ist kein Geheimnis, dass diverse TV-Filme von den Tourismusverbänden jener Regionen unterstützt werden, in denen ihre Geschichten spielen. Vorausgesetzt, diese Regionen werden dabei schön und romantisch in Szene gesetzt. Etwa wenn es im Allgäu nach Herzenslust schmonzettet oder Liebesleid an die Küsten brandet. Insofern ist es auch kein Geheimnis, dass TV-Krimis eher nicht von Tourismus-Verbänden unterstützt werden. Weil es nun mal für keine Region besonders werbewirksam ist, wenn in ihr gemeuchelt wird.

Wegen Negativ-PR eigentlich sogar draufzahlen müsste der Brandenburger „Polizeiruf“ seinem Tourismusverband. Schließlich liegt jetzt schon zum zweiten Mal hintereinander (gar zum dritten Mal binnen weniger Monate, rechnet man die Serie „Lauchhammer“ hinzu) jemand leblos und insofern wenig einladend in grenznahen Baggerlöchern rum. Dabei ist es doch sonst so nett da!

Innovativ ausgedacht geht jedenfalls anders, und passend unspektakulär wirkt zunächst auch der erste Fall, den der stets mit sicherer Hand kajalierte und in spektakulären Oberteilen steckende Vincent Ross als erster feminin-genderfluider TV-Kommissar nach dem Abgang seines Kollegen Adam Raczek allein lösen muss.

Keine Leiche mehr im Baggerloch

Doch je mehr sich die Geschichten hinter dem Tod eines Jakobspilgers zu- und gegeneinanderfügen, desto dramatischer, tragischer und erschütternder entfaltet sich das geradezu antike Familiendrama dahinter. Im Zentrum ein Insolvenzverwalter, der titelgebende „Gott des Bankrotts“, und dessen Partner, der als Schuldenspezi die Opfer des „Gottes“ berät.

Seine große Klasse zieht der „Polizeiruf“ von Regisseur Felix Karolus und Autor Mike Bäuml aus dem durchweg großartigen Ensemble, das den komplexen Stoff souverän bewältigt. Durch Schauspielkünstler wie „Gott“ Bernhard Schir und Godehard Giese als dessen Mann. Aber vor allem durch Frank Leo Schröder als knorriger Dorfpolizist Rogov, Partner zunächst wider Willen von Ross, erneut famos androgyn belebt durch André Kaczmarczyk, der mehrere Jahre am Staatsschauspiel Dresden auffiel.

Nahm das Personal der beiden vorherigen „Polizeirufe“ Rossens Fluidität wie selbstverständlich hin, was durchaus unglaubwürdig war, wird sie jetzt auch mal thematisiert. „Warum geht so einer wie du eigentlich zur Polizei?“, fragt Karl Rogov weder freundlich noch unfreundlich, vielmehr einfach neugierig. Vincents Antwort: „Weil sich alles ändern muss.“

Wie meint der Kommissar das wohl? Wirklich alles? Dann liegt künftig im „Polizeiruf“ auch nie wieder eine Leiche im Baggerloch rum?