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So stark war der Polizeiruf aus München

Spezielle Bildsprache und keinerlei Action: Der „Polizeiruf“ aus München wird allein durch seine Charaktere spannend.

Von Andy Dallmann
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Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff (Verena Altenberger) und Dennis Eden (Stephan Zinner) sind jetzt ein Team und als Mordermittler erstmals gemeinsam für einen Münchner „Polizeiruf 110“ im Einsatz.
Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff (Verena Altenberger) und Dennis Eden (Stephan Zinner) sind jetzt ein Team und als Mordermittler erstmals gemeinsam für einen Münchner „Polizeiruf 110“ im Einsatz. © BR/Bildmanagement

Spätestens, wenn einem im letzten Fünftel des „Polizeirufs 110“ aus München schwant, welche Ungeheuerlichkeit ans Licht zu kommen droht, hat einen der Krimi endgültig gepackt. Und ja, es ist ein Krimi, zudem ein enorm spannender. Dabei verzichtet das Drehteam auf so ziemlich alles, was von Spannungsexperten nicht nur für Krimis an Zutaten empfohlen wird.

Es gibt weder schnelle Schnitte noch rasante Action-Szenen, keine Schießerei, keine Verfolgungsjagd, keine hippe Musik, keine explizit coolen Dialoge zwischen noch viel cooleren Kommissaren, erst recht nicht zwischen den Akteuren der Gegenseite. In „Das Licht, das die Toten sehen“ bleibt eigentlich nur der Titel etwas im Dunkeln, sprich: verworren.

Alles andere lebt von der geradezu zelebrierten Nähe zum echten Leben, stützt sich selbstbewusst auf Charaktere, die sich nicht um Coolness scheren. Der Film erzählt seine Geschichte mit einer Beiläufigkeit, die intensivste Wirkung erzielt, weil sie eben niemals auf Effekt gebürstet ist.

Verena Altenberger als Kommissarin Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff verbringt schon mal eine Nacht im Sessel der Frau, die alle anderen für die Hauptverdächtige im zu klärenden Mordfall halten.

Dass sich beide anschließend duzen, unterstreicht nur, wie empathisch und dennoch professionell die Polizistin ihre Arbeit macht. Und sie behält ja auch recht: Caroline Ludwig (überzeugend von Anna Grisebach gespielt), die verzweifelt nach jeder Spur ihrer seit vier Jahren verschwundenen Tochter sucht, hat mit dem Tod der 16-jährigen Laura Schmidt rein gar nichts zu tun.

Vielmehr wird sie von der manipulativen Mörderin instrumentalisiert und vorgeführt. Wie abgrundtief böse wiederum die zunächst nur als abgebrühte Dealerin mit einer seltsamen Vorliebe für Rollschuhe eingeführte Stefanie Reither ist, offenbart sich erst final. Zoë Valks legt in dieser Rolle eine bemerkenswerte Leistung hin.

Überhaupt ist das der Knackpunkt, warum dieser unaufgeregte „Polizeiruf“ überdurchschnittlich gut ist: Er setzt auf exzellente Schauspieler, die niemals eindimensional agieren. Keine Klischees, keine Schablonen. Alles läuft auf einer nachvollziehbar menschlichen Ebene ab. Das gilt für Opfer und Täter gleichermaßen, erst recht für Kommissarin Eyckhoff und ihren neuen Partner. Gerne mehr davon.