Das war zu viel für einen "Tatort"

Das Beste ist noch Fabers neue Karre: Ein Opel Manta, der passt zu ihm. Duftbaum am Heckspiegel, aus dem Kassettenspieler leiert „Sunshine Reggae“. Ein Hauch von Achtzigern und Schimanski im Dortmunder „Tatort“. Hauptkommissar Faber, von Jörg Hartmann überzeugend als liebenswerter Kotzbrocken gespielt, ist ja eh aus der Zeit gefallen, wie überhaupt die ganze Ruhrpottromantik nicht so recht in die schöne neue digitale Glitzerwelt passt.
Gesellschaftlicher Abstieg durch Corona
Und doch ist die Folge „Heile Welt“ thematisch vollgepackt mit so ziemlich allem, was das 21. Jahrhundert bislang an Problemen mit sich gebracht hat: Neue Rechte, Religionskonflikte, Fakenews, Polizeigewalt, Hasskommentare im Netz, Drogenkriminalität und natürlich eine Portion Corona – fertig ist der sozialkritische Sonntagabendkrimi. Dass das kaum gut gehen kann, hätte man als Drehbuchschreiber ahnen können. Wenn wenigstens der Mordfall etwas packender gewesen wäre als: Nein, der Hausmeister war’s nicht …

Dabei hätte der Fall durchaus Potenzial gehabt zu etwas Besonderem: der Täter, ein Computerladenbesitzer, der durch den Corona-Lockdown pleite ist und seit Monaten in seinem leeren Geschäft mit einem Gaskocher haust. Gesellschaftlicher Abstieg durch Corona, Mordmotiv durch soziale Ausgrenzung – hätte das nicht gereicht für 90 Minuten Sonntagabendkrimi? Zumal das Duo zwischen Täter und Kommissar Faber, die sich aus Frust die Hucke vollsaufen und beinahe Kumpels werden, ebenfalls Potenzial gehabt hätte für ein feines Kammerspiel, auch schauspielerisch. Doch so blieb es bei einigen klamaukig-rührseligen Szenen, die zu der ganzen anderen Dramatik aus Neonazis und Hass auf die Polizei nicht so recht passen wollten.
Hauptsache, der Manta kommt wieder
Interessant immerhin die Neue in der Dortmunder Mordkommission: Nachdem Aylin Tezel als Ermittlerin Nora Dalay ausgestiegen ist, kommt nun Stefanie Reinsperger als Kommissarin Rosa Herzog dazu. Als Typ passt sie gut zum Ruhrpott-Viererteam, das immer schon von schrägen Figuren und Konflikten geprägt war. Schauspielerin Reinsperger ist gebürtige Österreicherin und gehört dem Berliner Ensemble an – aber man kauft ihrer Rosa Herzog sofort ab, dass sie eine waschechte Dortmunderin ist.
Fabers Manta gibt zum Schluss den Geist auf. Hoffentlich sind es nur die Zündkerzen. Wir wollen ihn wiedersehen.