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So fremd war den "Tatort"-Kommissaren die Gamer-Welt

Der Münchner „Tatort“ führte in die Spieleszene: Ein Suchtdrama um Geld und Ruhm.

Von Rainer Kasselt
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Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, l.) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) im Diskurs mit dem Referee (Danny Rosness) in der Zocker-Arena. Foto: ARD/dpa
Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, l.) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) im Diskurs mit dem Referee (Danny Rosness) in der Zocker-Arena. Foto: ARD/dpa © SWR/ARD

Eine Viertelstunde vor Dienstschluss wird eine junge Streifenpolizistin erschossen. Sie hatte den Fahrer eines Pkws wegen eines defekten Rücklichts gestoppt. Der Mörder knallt sie ohne Vorwarnung ab und rast davon. Die Ermittler entdecken das abgefackelte Fluchtfahrzeug in einer entlegenen Kiesgrube. Im Kofferraum liegt eine verkohlte Leiche. Ein Polizeibeamter, wie sich herausstellt. Zwei tote Kollegen! Das ruft die Münchner Kommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, 64) und Ivo Batic (Miroslav Nemec, 68) auf den Plan. Es wird einer ihrer schwierigsten Fälle.

Der 93. Einsatz der ergrauten Herren

Ihr 93. (!) Einsatz führt das in Ehren ergraute Gespann im „Tatort: Game Over“ in eine für sie fremde Welt. Nachhilfe erteilt den beiden ihr oft herablassend behandelter Assistent Kalli (groß aufdrehend: Ferdinand Hofer). Er kennt sich bestens in der Gamer-Szene aus, zockt selber. Zu den populärsten Videospielen gehört der Ego-Shooter-Klassiker „Counter-Strike“. Von Gegnern als Killerspiel verdammt, von Fans als Hirn- und Taktiktraining gefeiert. Vermutlich spaltet der Streit auch die Zuschauer. Wer dieses Spiel mit all seinen Raffinessen beherrscht, kann reich werden. Bei den Wettkämpfen, die Arenen füllen und von begeisterten Zuschauern besucht werden, geht es um hohe Preisgelder. Das lockt nicht nur im Krimi Hacker und Betrüger an. In „Game Over“ wollen sie das System mithilfe eines manipulierten Handys überlisten, doch das Passwort fehlt.

Der Film wurde an einem Münchner Originalschauplatz gedreht. Die aufgeheizte, explosive und überlaute Atmosphäre wird in authentischen Bildern eingefangen. Reizvoll und verstörend der Wechsel zwischen Videospiel und Wirklichkeit. Kontraste, die unter die Haut gehen.

Der Polizist als Mörder und Helfer

Der „Tatort“, der das Milieu kritisch beleuchtet, hat berührende soziale Momente. Der minderjährige Oskar, Shootingstar der Szene, schwänzt die Schule, lebt in einer Scheinwelt, gerät in eine Notwehrsituation, genießt den Triumph des Sieges, wird König für eine Nacht – und ist doch der eigentliche Verlierer in diesem psychologischen Drama um Ruhm, Sucht und Geld. Yuri Völsch spielt die Rolle beeindruckend. Der temporeiche, spannende Krimi endet blutig in einem thrillerhaften Finale. Nach einer wilden Schießerei auf dem Dach der Arena bringt sich der Täter um. Und das alles wegen eines fehlenden Passworts. Die böse Pointe: Der zweifache Polizistenmörder ist selber Polizist.