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So war der "Tatort" mit Borowski

Ein 50 Jahre alter Fall erklärt Borowskis Seele. Der "Tatort" aus Kiel bleibt spannend, verheddert sich aber in Nebensträngen.

Von Martin Skurt
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Michael Mertins (Stefan Kurt) trifft beim Hundespaziergang auf Borowski (Axel Milberg). Der Kommissar untersucht den Fundort der Leiche, die sich als eine alte Bekannte herausstellt.
Michael Mertins (Stefan Kurt) trifft beim Hundespaziergang auf Borowski (Axel Milberg). Der Kommissar untersucht den Fundort der Leiche, die sich als eine alte Bekannte herausstellt. © NDR

Klaus Borowski (Axel Milberg) ist kein Publikumsliebling. Seine mürrische, wortkarge Art stößt nicht nur seine Ermittlungspartnerin ab. Der neue Tatort „Borowski und der Schatten des Mondes“ liefert aber nun eine Antwort, warum der Kieler Kommissar zu dem Menschen wurde. Hätte sich der Film darauf konzentriert, wäre er eine wunderbare Charakterstudie mit einem interessanten Fall geworden. Der Krimi verhebt sich jedoch in zu vielen Strängen, die er nur anreißt.

Typischerweise beginnt ein Tatort mit dem Fund der Leiche. Doch erfrischenderweise nicht im Kieler Krimi: Er startet mit Bild- und Videocollagen des 14-jährigen Borowski (August Milberg) mit seiner Freundin Susanne Hansen (Mina Rueffer). Dazu läuft der Song „Purple Haze“ von Jimi Hendrix. Bilder und Musik werden im Laufe der Handlung immer mal wieder eingeschoben, wenn Borowski an den Sommer 1970 denkt, als er mit seiner Freundin zum legendären Love-and-Peace-Festival auf der Insel Fehmarn trampen wollte.

Das wurde Hansen zum Verhängnis: Sie ist nach einem Streit allein per Anhalter gefahren und wird seitdem vermisst. Das erinnert lose an die Trampermorde der 70er-Jahre.50 Jahre später findet Wanderer Michael Mertins (Stefan Kurt) die Leiche von Susanne im Wald – vergraben im Wurzelwerk einer Eiche. Die Eiche stehe für Standhaftigkeit und Männlichkeit. „Ihr Täter war wohl impotent“, erklärt es ein Verdächtiger im Verhör.

Das Thema Männlichkeit wird später noch einmal in klischeehaften Szenen aufgegriffen, als Borowski in einem Jagdverein ermittelt. Im Wald weidet der Vereinschef ein Wildschwein aus, eine Junge daneben presst die Lippen zusammen. „Sei mal nicht so ein Schlappschwanz“, kommentiert das der Jäger.

Trotz einer oberflächlichen Erzählweise bleibt der Tatort bis zum Ende spannend und mysteriös. Zwar vermutet man den Täter schon früh, ist sich jedoch nie hundertprozentig sicher. Nebengeschichten wie der Konflikt mit seiner Partnerin Mila Sahin (Almila Bagriaci) lenken ab. Die ruhigen Kamerafahrten durch den Wald, die langen Nahaufnahmen von Borowskis Gesicht und die bedrohlichen Klänge lassen aber tief in das Innere des Kommissars blicken. Das Publikum versteht nun, wie sich Klaus Borowskis Charakter formte – aufgrund eines Traumas und seiner Ohnmacht, nichts daran ändern zu können.