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Warum der neue Dresden-"Tatort" nicht zu den Besten gehört

Zum kleinen Jubiläum seines 15. Falles kann das „Tatort“-Team mit Gorniak, Winkler und Schnabel sein zuletzt sehr hohes Filmniveau nicht ganz halten. Die Quoten stimmen aber trotzdem.

Von Oliver Reinhard
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Die Matriarchin einer Dresdner Gärtnerei wurde ermordet. Kommissarin Gorniak (Karin Hanczewski) und ihr Chef Schnabel (Martin Brambach) dringen in eine dramatische Familiengeschichte ein.
Die Matriarchin einer Dresdner Gärtnerei wurde ermordet. Kommissarin Gorniak (Karin Hanczewski) und ihr Chef Schnabel (Martin Brambach) dringen in eine dramatische Familiengeschichte ein. © MDR/HA Kommunikation / Hardy Spitz

Sie heißen „Katz und Maus“, „Das Kalte Haus“, „Unsichtbar“ und „Rettung so nah“: Die letzten Folgen haben den Dresdner „Tatort“ endgültig zwischen den besten Pferden im Sonntagskrimistall etabliert. Das Ermittlertrio aus Gorniak, Winkler und Chef Schnabel ist mittlerweile bestens aufeinander eingespielt, die Stoffe stimmen, das Konzept des zumindest angedüsterten Emo-Thrillers funktioniert und ist stimmig. Autorinnen und Regisseure wissen, was sie tun (sollen), Karin Hanczewski, Cornelia Gröschel und Martin Brambach sowieso.

Wie immer, wenn es jemand an die Spitze geschafft hat, steigen mit der Qualität auch die Erwartungen. Die Latte liegt also hoch für „Totes Herz“, den neuesten Fall an der Oberelbe. Quer im Beet ihrer Gärtnerei liegt die Leiche der Chefin, erschlagen mit einem Hammer. Die Wer-war’s-Frage deutet zunächst auf drei Möglichkeiten hin: der autistische Inklusions-Mitarbeiter Juri (Alexander Schuster), Schwiegersohn Patrick (Nico Rogner) oder Tochter Nadine (Kristin Suckow). Als herauskommt, dass Juris Schwester Swetlana (Lara Feith), die ebenfalls bei Teichmann arbeitet, ein Verhältnis mit Patrick hat, dessen Ehe seit längerem kriselt, rückt auch sie auf in die Riege der Verdächtigen. Die sich bald ein wenig lichtet, denn die Gärtnerei-Matriarchin bleibt nicht das einzige Todesopfer.

Es begann in der DDR ...

Fast die Hälfte des „Tatorts“ dauert es, bis aus „Totes Herz“ mehr wird als ein Routine-Fall ohne besondere Vorkommnisse und ohne rechte Spannung. Dann nämlich macht Kristin Derfler ein neues Inhalts-Fass auf und verknüpft die Gegenwart mit der DDR-Vergangenheit. Genauer: mit zweifelhaften Adoptions-Praktiken, die auf Kindesraub hinauslaufen. Offenbar hat Opfertochter Nadine eine Schwester. Offenbar ist die in Dresden. Und offenbar in der Angelegenheit aktiv geworden ...

Von diesem Moment an kriegt „Totes Herz“, was ihm bis dahin gefehlt hat, unterschwellige Spannung, dramatische Tiefe, erzählerische Klasse. Zum nägelkauerischen Finale kann dieser Fall sogar aufschließen an seine Vorgänger, aber das ist eben letztlich doch ein bisschen spät. Dass er dahinter zurückbleibt, liegt am dramaturgisch und teils auch psychologisch nicht sonderlich überzeugenden Buch von Kristin Derfler und der Regie von Andreas Herzog, dem bis zur Hälfte leider auch nichts einfällt, was die Story über das Routine-Niveau klettern lassen könnte.

Die Quote stimmt trotzdem

Der "Tatort"-Krimi aus Dresden war am Sonntagabend dennoch mit großem Abstand die erfolgreichste Primetime-Sendung. "Totes Herz" schauten sich ab 20.15 Uhr im Ersten 9,41 Millionen an, was einem Marktanteil von 29,7 Prozent entspricht. Zudem ist der Krimi sechs Monate lang in der ARD-Mediathek abrufbar; hier haben ihn bereits jetzt mehr als 400.000 Menschen gesehen. (mit SZ/mja)