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Uta Schorn: "Im Gemüseladen ging's für mich aufwärts"

Uta Schorn war eines der bekanntesten Gesichter des DDR-Fernsehens. Das brachte ihr einige Privilegien. Nun blickt sie auf ihr Leben zurück - Jobgesuch inklusive.

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Am 29.10.2021 erscheint die Autobiografie von Uta Schorn mit dem Titel "Und wenn ich nüscht kann, bellen kann ich".
Am 29.10.2021 erscheint die Autobiografie von Uta Schorn mit dem Titel "Und wenn ich nüscht kann, bellen kann ich". © Bernd Settnik/dpa

Berlin. Nicht nur für ihre Zuschauer wurden Wünsche wahr. Uta Schorn, eine der Moderatorinnen der beliebten DDR-Fernsehsendung "Wunschbriefkasten", profitierte auch selbst sehr von diesem Job: "Mir bescherte der "Wunschbriefkasten" eine Popularität, die mir als Theaterschauspielerin so wohl nie zuteilgeworden wäre. Wie erfreulich - und wie ungerecht!", schreibt die Künstlerin in ihrer Autobiografie, die an diesem Freitag erscheint. Und diese Popularität erleichterte ihr auch die Lebensmittel-Einkäufe in der DDR-Mangelwirtschaft.

"Im Gemüseladen ging's für mich aufwärts, und auch in der Fleischerei bekam ich von nun an "gewickelt". So nannte man das Privileg, wenn einem beim Einkauf diskret kleine Pakete über den Tresen geschoben wurden. Man durfte ihren Inhalt aber erst zu Hause in Augenschein nehmen, um nicht den Neid oder die Verbitterung anderer Kunden auflodern zu lassen. Oft handelte es sich um Rouladen, Schinken, Schweinefilet oder andere Kostbarkeiten unter den Waren des nicht ganz alltäglichen Bedarfs."

Schneller Neustart nach der Wende

Schorn - 1947 in Augsburg geborene Tochter eines Schauspieler-Ehepaares, das kurz danach nach Ost-Berlin zog - war eine der bekanntesten Schauspielerinnen der DDR. Rund 18 Jahre lang moderierte sie den "Wunschbriefkasten" an der Seite von Gerd E. Schäfer. Nach dem Mauerfall schaffte sie schnell den Neustart, übernahm in den Jahrzehnten danach mehrere Serienrollen.

Wenige Monate vor ihrem 75. Geburtstag am 13. Januar blickt sie nun auf ihr Leben und ihre Karriere. Titel der Autobiografie: "Und wenn ich nüscht kann, bellen kann ich." Dies bezieht sich darauf, dass die in Berlin lebende Tierliebhaberin auch Tierstimmen sehr gut nachahmen kann.

Ob "Bereitschaft Dr. Federau", "Das Traumschiff", "In aller Freundschaft" oder zuletzt bis 2019 "Familie Dr. Kleist": Schorn ist ein bekanntes Fernseh-Gesicht. Aber sie hat immer auch Wert darauf gelegt, auf einer Theaterbühne zu stehen, wie sie beschreibt. ".. wenn jeder einzelne Zuschauer das Gefühl hat, die Vorstellung finde genau jetzt und für ihn statt, entsteht eine einzigartige Verbindung zwischen Schauspielern und Zuschauern, eine Stimmung, die sich vor keinem Fernsehschirm und keiner Kinoleinwand herstellt."

Uta Schorn: Und wenn ich nüscht kann, bellen kann ich, - Verlag Neues Leben, 208 Seiten, geb. mit Bildteil, ISBN 978-3-355-01905-7, 20,00 Euro
Uta Schorn: Und wenn ich nüscht kann, bellen kann ich, - Verlag Neues Leben, 208 Seiten, geb. mit Bildteil, ISBN 978-3-355-01905-7, 20,00 Euro © Eulenspiegel Verlagsgruppe/dpa

Schorn, die zweimal verheiratet war und eine Tochter hat, die ebenfalls Schauspielerin ist, beschreibt auch schwierige Aspekte dieses Berufs. Zum Beispiel den Umgang mit manchem Regisseur: "Es ist hart - manchmal gibt es keinen Sonnenschein auf ganzer Linie. Du musst in der Lage sein einzustecken, die Kritik eines Regisseurs anzunehmen, ohne dich persönlich beleidigt oder angegriffen zu fühlen. Du denkst immer, der meint dich persönlich, der findet dich nicht gut, und merkst oft erst später, dass gerade diese Kritik dich weitergebracht hat."

Überraschend für Branchenfremde ist die Passage über die Wirkung von Filmpreisen. Schon in der DDR sei es so gewesen und auch heute, beschreibt Schorn: "Wer eine erfolgreiche Rolle gespielt und dafür etwa noch einen Preis bekommen hat, sitzt danach erst einmal eine Weile auf dem Trocknen. Der Grund: Jeder, der einen Film zu besetzen hat, denkt in dieser Situation, den oder die kriegt du jetzt sowieso nicht, da brauchst du gar nicht erst anzurufen!"

"Ich möchte weiterspielen"

Die Schauspielerin mit der sympathischen Ausstrahlung, die weder auf Facebook noch auf Instagram präsent ist, keine eigene Internetseite hat und ihren 70. Geburtstag ohne Presserummel feierte, verrät zudem, dass sie 2014 Brustkrebs hatte. Sie habe dies bewusst verschwiegen, um Schlagzeilen à la "Uta Schorn - Krebsschock!" zu vermeiden. "Das Thema Krebs habe ich hier eingebracht, weil ich alle Frauen ausdrücklich ermutigen will, zu den turnusmäßigen Vorsorgeuntersuchungen zu gehen", schreibt sie nun.

Ungewöhnlich für eine Autobiografie, zumal, wenn darin zahlreiche erfolgreiche Rollen geschildert werden: Das letzte Kapitel ist ein Job-Gesuch. "Schauspieler ist man, solange man seinen Text kann und nicht an die Möbel stößt. Früher sagte sich das immer leicht, es tat gut und wurde gerne gehört: dass man im Schauspielberuf so lange weitermachen kann, bis sie einen tot von der Bühne tragen. Jetzt braucht es noch, dass jemand diesen Auftritt genehmigt, dass es einen Raum gibt, in dem man auftreten kann, und dass dann auch noch Leute in diesen Raum dürfen." Und: "Ich möchte weiterspielen, auf der Bühne und vor der Kamera." (dpa)