Von Catharina Karlshaus
Landkreis. Viel vom Wochenende gehabt hat sie nicht. Nachdem Susann Frentzen am Samstagabend im MDR-Radio gehörte hatte, was tags zuvor schon einmal über den Sender ging, war es zumindest mit der gedanklichen Erholung vorbei. Die Bürgermeisterin, die am Donnerstag noch den Einwohnern von Kmehlen versprochen hatte, sich für die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen in Priestewitz einzusetzen, wurde eines Besseren belehrt:
Von den Rundfunkjournalisten zu weiteren Asylunterkünften befragt, verwies Landkreissprecherin Dr. Kerstin Thöns auf die Errichtung von Fertigbauhäusern. Sollte sich das Projekt, welches nächste Woche in Klipphausen beginnt, als erfolgreich erweisen, würde es auch in anderen Gemeinden zum Tragen kommen. „Dann sind weitere Häuser geplant, in Lommatzsch und in Priestewitz. Insgesamt sollen im Landkreis einhundert Flüchtlinge in diesen Häusern untergebracht werden“, sagte Kerstin Thöns. Die Unterkünfte sollen dabei von den Flüchtlingen selbst gebaut werden.
Immerhin: Der Verwaltungsausschuss des Kreistages hatte am Donnerstagabend – parallel zur Veranstaltung in Kmehlen – das Pilotprojekt beschlossen, welches bis zu 100 Plätze für Flüchtlinge auf verschiedenen Grundstücken im Landkreis Meißen vorsieht. Darunter Flächen in Lommatzsch und Moritzburg. Und offenbar nicht nur da. Wie Kerstin Thöns im SZ-Gespräch betont, handle es sich im Radiobeitrag ganz sicher nicht um einen Versprecher. „Landrat Arndt Steinbach hat selbst in der Sitzung des Verwaltungsausschusses schon von Priestewitz gesprochen.“
Zum Zeitpunkt der Einwohnerversammlung wusste die Bürgermeisterin nichts von den Plänen
Eine Gemeinde, die selbst allerdings noch absolut gar nichts vom Ansinnen der Kreisbehörde weiß. „Eingedenk der sensiblen Thematik und der kritisch geführten Debatte in der Bevölkerung nehmen wir derlei Bestrebungen mit Verwunderung zur Kenntnis“, kommentierte Susann Frentzen die neuesten Entwicklungen. Es wäre schön und vor allem der Sache angemessen gewesen, hätte der Landkreis mal vor derlei Äußerungen in der Öffentlichkeit mit der Priestewitzer Verwaltung gesprochen. „Denn zum Zeitpunkt unserer Einwohnerversammlung in Kmehlen lagen uns noch keinerlei Informationen dazu vor“, so Susann Frentzen.
Da sich das auch bis gestern Abend nicht geändert habe, könne man nichts weiter dazu sagen. „Ich habe am Montag mit allen Gemeinderäten zu den Entwicklungen telefoniert. Sie stehen weiterhin zu unserem Konzept, indem wir uns um eine Unterbringung von Asylbewerbern in der Gemeinde bemühen wollen. Die Gemeinde wird die verfügbaren Objekte zur kurzfristigen Unterbringung dem Landkreis Meißen mitteilen, vor allem in Anbetracht der bevorstehenden Wintermonate“, betont Frentzen.
Am Jahresende werden aber die Quartiere aufgebraucht sein
Ein Ansinnen, das angesichts der stetig steigenden Zahlen in diesen Tagen gewiss auf offene Ohren stoßen wird. Die Gemeinde Lommatzsch hat das Grundstück, auf dem Container oder eben Fertighäuser aufgestellt werden sollen, selbst der Kreisbehörde angeboten. Immerhin, so Bürgermeisterin Dr. Anita Maaß, habe man zum Zwecke der Haushaltsanierung seinerzeit alle kommunalen Wohnungen abgestoßen, und das jahrelang leerstehende Gewerbegebiet beherberge mittlerweile Solaranlagen. „Insofern haben wir erstens gar keine anderen Objekte mehr, die wir zur Verfügung stellen könnten.
Und zweitens ist die Unterbringung in Wohnungen angesichts der dramatisch steigenden Zahlen doch ohnehin illusorisch“, so Anita Maaß. Wohnungen, auf die dennoch weiterhin gesetzt werden. Der morgen aus dem Amt scheidende zweite Beigeordnete Ulrich Zimmermann hat gerade am Montag erst wieder 48 durch einen privaten Eigentümer in Riesa angeboten bekommen. Auch in Coswig und Großenhain gebe es noch Potenzial.
„Bis auf Unterbrechungen kommen jetzt in jeder Woche einhundert Flüchtlinge in den Landkreis. Die müssen untergebracht werden und angesichts der zur Neige gehenden vorgehaltenen Unterkünfte wird das spätestens im Dezember problematisch“, ahnt Ulrich Zimmermann. Man werde deshalb sicher nicht umhin kommen, im Notfall auf Turnhallen zurückzugreifen. Denn zwar sei das Heim auf dem Großenhainer Remonteplatz 10 dann fertiggestellt und das neuerlich angebotene Gästehaus in Zabeltitz könne ebenfalls vergleichsweise schnell bezogen werden. „Am Jahresende werden aber die Quartiere aufgebraucht sein und Volkersdorf, Moritzburg und Lommatzsch sind erst 2016 nutzbar“, weiß Ulrich Zimmermann.
Insofern könne es also tatsächlich knapp werden mit den Kapazitäten. Dass es dann auch eng wird für Gemeinden wie Priestewitz, steht außer Frage.