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Firmen schauen nach Tschechien

Ein Prager Konzern investiert in Bischofswerda und spült viel Geld in die Stadtkasse. Was da noch gehen könnte, war Thema eines Unternehmerempfangs.

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© Regina Berger

Von Ingolf Reinsch

Bischofswerda. „Die Tschechen“ müssen nicht erst kommen. Sie sind längst da in Bischofswerda. Die Deutschland-Tochter des vom Prager Multimilliardär Andrej Babis gegründeten Konzerns Agrofert betreibt am westlichen Stadtrand ihr Zentrallager. Der Konzern hatte im Jahr 2007 mehrere Agrarhandelsunternehmen in Deutschland gekauft, darunter die Dresdner Handelsgesellschaft für Agrarprodukte (Dreha), die in Bischofswerda eine Niederlassung hatte. Deren Hochsilos sowie zwei Lagerhallen wurden seitdem modernisiert sowie neue Silos errichtet. Rund 50 000 Tonnen Getreide und Raps können darin getrocknet und gelagert werden.

Zweites Standbein ist der Vertrieb von Flüssigdünger. Agrofert investierte nach eigenen Angaben rund 15 Millionen Euro am Standort Bischofswerda. Rund zehn Mitarbeiter sind im Betrieb beschäftigt. Agrofert zahlt entsprechend der Wertschöpfung an allen seinen Standorten Gewerbesteuer. Bis zum Jahr 2015 flossen so 600 000 Euro in die Schiebocker Stadtkasse, sagte Geschäftsführer Dietmar Klose.

Tschechischer Markt wird immer wichtiger

Das Unternehmen mit tschechischen Wurzeln ist in Bischofswerda bislang ein Einzelfall. Das muss nicht so bleiben. Um die Chancen der Zusammenarbeit dies- und jenseits der Grenze ging es am Freitagabend beim Bischofswerdaer Unternehmerempfang. Stadtverwaltung, Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer hatten dazu eingeladen. „Tschechische Unternehmen bzw. der tschechische Markt werden für Deutschland immer wichtiger. Da sich Bischofswerda in Grenznähe befindet und gleichzeitig den in Sachsen einzigartigen Eisenbahn-Knotenpunkt für Verbindungen von Dresden nach Wroclaw und Liberec besitzt, liegt es nah, für unsere Standortvorteile auch bei tschechischen Unternehmern zu werben“, begründete Oberbürgermeister Holm Große (parteilos) die Themenwahl.

Jiri Kudela, von Haus aus Historiker und jetzt Generalkonsul seines Landes in Dresden, sagte vor den rund 100 Gästen, noch nie in der Geschichte sei die Zusammenarbeit zwischen Tschechien und Sachsen so intensiv wie jetzt gewesen. Gemessen am Export spiele der Freistaat für sein Land eine wesentlich größere Rolle als die USA und Russland. Mit einem Außenhandelsanteil von 9,6 Prozent und einem Gesamtwarenaustausch in Höhe von 5,8 Milliarden Euro war Tschechien nach Angaben der IHK auch im Jahr 2015 einer der wichtigsten Handelspartner Sachsens. Die Einfuhren aus Tschechien nach Sachsen betrugen im selben Jahr 4,1 Milliarden Euro.

Spannungen, aber keine Krisen

Mag es im Verhältnis zwischen Deutschland und Tschechien gelegentlich auch Spannungen geben – wirkliche Krisen seien das nicht, betonte der Generalkonsul. Die Beziehungen beider Länder seien auch für die Entwicklung der Europäischen Union wichtig, Deutschland als großer und Tschechien als kleiner Staat seien ein „Beweis für die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt der Europäischen Union“, sagte Jiri Kudela.

OB Holm Große nutzte den Empfang zugleich, um das Jahr Revue passieren zu lassen. Erstmals wurden sechs Firmen und Einzelunternehmer, die neu in Bischofswerda sind, offiziell begrüßt – mit Namensnennung auf einer Leinwand und kleinem Präsent. Das Spektrum reicht dabei vom Parkettschleifmaschinenhersteller mit rund zehn Beschäftigten, der seinen Sitz von Neustadt nach Bischofswerda verlegte, bis zu einem neuen Geschäft im Stadtzentrum. Um Platz für weitere Betriebe zu schaffen, bereite die Stadt die Erschließung des Industriegebietes Nord II an der Bautzener Straße vor, sagte Holm Große.