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Flut und Unwetter treffen Bauern doppelt

Mehrere Hundert Hektar wurden beim Hochwasser überschwemmt. EinenTeil der Schuld sehen die Landwirte bei der Politik.

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Von Miriam Schönbach

Zwei Wochen nach dem Hochwasser an Spree und Neiße legen die Städte und Gemeinden ihre Schadensbilanzen vor. Viele Häuser sind unbewohnbar, Straßen und Brücken zerstört. Von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden hingegen die Schäden in der Landwirtschaft. Dabei haben die Unwetter und Überschwemmungen der vergangenen Tage viele Bauern schwer erwischt.

Nach einer Schätzung des Landesbauernverbandes sind in Sachsen 2000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche von den Fluten betroffen. Allein das kontrollierte Ablassen der Talsperre Bautzen führte wahrscheinlich auf mehreren Hundert Hektar Ackerland zum Totalverlust der Kulturen. „Fünf Hektar Kartoffeln sind bereits verfault“, sagt Dietrich Hesse, Geschäftsführer der Heidefarm Sdier.

Insgesamt elf Hektar Kartoffeln, 60 Hektar Getreide, 30 Hektar Kleegras und 30 Hektar Grünland sind allein in seinem Betrieb in den Fluten untergegangen. Ob und wie viel davon zu retten ist, hängt vom Wetter der kommenden Tage ab. Zurzeit können die Landwirte nur wenig tun: Die schwere Erntetechnik versinkt im Schlamm der Felder.

Flutgräben vernachlässigt

Eine genaue Schadenssumme kann der 65-jährige Landwirt noch nicht nennen. „Wir rechnen mit Qualitätseinbußen beim Weizen. Auch das Kleegras für die Milchkühe können wir zur Hälfte abschreiben.“

Kritisch sieht Dietrich Hesse die Rolle der Landestalsperrenverwaltung. Er sagt: „Während der langen Dürreperiode hätte man im Bautzener Stausee mehr Platz schaffen müssen, statt Wasser für die Lausitzer Tagebaue zu sammeln.“

Auf einen anderen Punkt weist Maik Gerber, der Geschäftsführer des Unternehmens Budissa Agrarprodukte, hin. Aus seiner Sicht sind die großen Schäden auch auf die schlechte Pflege der Flutgräben durch das Land Sachsen zurückzuführen. „Die Hauptgräben werden gehegt und gepflegt, aber die kleinen Wasserkanäle sind oft verwachsen oder wurden bei Baumaßnahmen einfach zu geschüttet.“

Maik Gerber rechnet mit Ernteverlusten auf 300 bis 400 Hektar für sein eigenes Unternehmen sowie für den Landwirtschaftsbetrieb Friedrich Hesse in Dubrauke und den Familienbetrieb Graf aus Baruth. Die Felder liegen entlang des Kotitzer Wassers, des Albrechtsbachs und des Löbauer Wassers.

Technik versinkt im Schlamm

„Wir überlegen, ob wir Spezialtechnik für moorige Gebiete aus dem Emsland ordern“, sagt Gerber. Doch die Zusatzkosten sind schwer zu schultern. Wegen der Qualitätseinbußen ist mit 50 Euro Verlust pro Tonne Weizen zu rechnen.

Neben der Ernte bereitet den Landwirten auch die Wiederbestellung Kopfzerbrechen. Sie wird wegen des morastigen Bodens zu einen Herausforderung, sagt Stefan Triebs, der Chef der Saritscher Agrar GmbH: „Unsere Maschinen wiegen immerhin zwischen sechs und sieben Tonnen.“ Der Landwirt muss nicht nur mit Hochwasserschäden kämpfen. Auf 300 Hektar Weizen und den kompletten Körnersenf prasselte vor einer Woche auch ein gigantischer Hagelschauer hinunter. Während dieser Ausfall durch die Hagelversicherung ausgeglichen wird, beginnt auf den Flut-Feldern ein Wettlauf mit der Zeit. Stefan Triebs wünscht sich deshalb, dass landwirtschaftliche Betriebe steuerfreie Rücklagen für solche Situationen bilden dürfen.

Seinem Kollegen Bernd Schlegel ist fürs Erste vor allem an praktischer Hilfe gelegen. Er braucht Unterstützung beim Beräumen von 30 Hektar überflutetem Grünland. „Holz, Unrat und Heizöl müssen schleunigst beseitigt werden“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Agrargenossenschaft Sohland. Doch seine eigenen Leute müssen zuerst in die Ernte, damit die Körner endlich vom Halm kommen.