Großenhain
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Fontanes uneheliches Kind aus Dresden

In diesem Jahr wurde der 200. Geburtstag des großen Dichters gefeiert. In der Region wurde etwas Besonderes über ihn herausgefunden.

Von Kathrin Krüger
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Emilie Kummer-Rouanet (im Bild) und der Schriftsteller Theodor Fontane führten eine gute Ehe. Aber einige ihrer Briefe wurden verbrannt – aus gutem Grund.
Emilie Kummer-Rouanet (im Bild) und der Schriftsteller Theodor Fontane führten eine gute Ehe. Aber einige ihrer Briefe wurden verbrannt – aus gutem Grund. © Heimatverein Ortrand

Großenhain/Ortrand. Theodor Fontane machte mit seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ unser nördliches Nachbar-Bundesland sehr viel bekannter als vorher. Dass er mit einer Ortranderin verheiratet war, nämlich mit Emilie Kummer-Rouanet, hat der Ortrander Heimatverein aus Anlass des 200. Geburtstages des Dichters in diesem Jahr ausführlich herausgestellt (SZ berichtete).

Doch beim Tag der Stadtgeschichte Ende November war noch ein anderes pikantes Detail von großem Interesse. Es fehlen nämlich frühe Briefe, die sich Fontane und seine Verlobte bzw. spätere Ehefrau schrieben. Sie wurden von der Familie vernichtet. Denn darin gestand Fontane, dass er in Dresden zwei uneheliche Kinder zeugte.

Die Quelle für diese Behauptung ist Literaturhistoriker Bernd Seiler von der Universität Bielefeld. Er publizierte ein Aktenstück, das Theodor Fontane, knapp 30-jährig und damals noch unverheiratet, 1849 an einen Freund schrieb. In diesem Brief bekennt er sich zur „Enthüllung No II“: Sein zweiter „illegitimer Sprößling“ hat eine andere Mutter als der Erste.

Tatsächlich wurde der Dichter Vater von zumindest einem Mädchen. In Dresden hatte er 1843 ein Volontariat in der Salomonis-Apotheke. Denn bekanntlich ist der gebürtige Neuruppiner auch approbierter Apotheker. Dort macht er die Bekanntschaft mit Augusta Emilia Adelheid Freygang, Tochter eines Schankwirts, zweimal verheiratet und schon mit 36 Jahren zum zweiten Mal Witwe. 

Zu Ostern 1848 besuchte sie der acht Jahre jüngere Fontane erneut – und da ist es dann passiert. „Sie wohnte in unmittelbarer Nähe der Salomonis-Apotheke, in einer der kurzen Gassen, die vom Neumarkt hinunter zur Elbe führen. 

Dort, in der Kleinen Fischergasse, hatte ihr Vater seine Schankwirtschaft, und für das Milieu genügt zu sagen, dass die Gasse, die heutige Brühlsche Gasse, damals ein fester Begriff für das Dresdner Dirnenviertel war“, schrieb Bernd Seiler in der Wochenzeitung „Die Zeit“. Die Tochter lebte aber nicht lange. Das zweite uneheliche Kind dürfte laut Seiler nicht lange vorher in Berlin geboren worden sein. Natürlich ist der Dichter als Vater auch hier nicht verzeichnet. Er zahlte eine einmalige Abfindung, nachdem ein Vertreter der Mütter den „Erzeuger“ ausfindig gemacht hat.

Von Emilie wird gesagt, dass sie ihrem Theodor die beiden frühen Vaterschaften verzieh, lagen sie doch vor der Eheschließung 1850. Allerdings in der Zeit der Verlobung, die ab Dezember 1845 bestand. Was das Revolutionsjahr 1848 anbelangt, da gibt es noch eine delikate oder sarkastische Einschätzung von Peter Weiß im Stück „Marat“: „Keine Revolution ohne allgemeine Kopulation“.