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Forscher holen neue Rohstoffe aus alten Bergwerken

Im Erzgebirge gibt es eine der weltgrößten Zinn-Lagerstätten. Bisher war das Gestein nicht nutzbar. Das soll sich ändern.

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© dpa

Von Stephan Schön

Dresden/Freiberg. Sächsische Wissenschaftler wollen aus bisher wertlosem Gestein Rohstoffe aufbereiten. Bisher war dies nur als Computersimulation und im Labor möglich. Jetzt aber hat ein industrienaher Großversuch unter Leitung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf begonnen. Dessen Institut für Ressourcentechnologie (HIF) in Freiberg ist es gelungen, wichtige Metalle aus bisher unbrauchbarem Erz zu bekommen. Es geht um Zinn, Zink, Indium, wie Institutsdirektor Jens Gutzmer der Sächsischen Zeitung sagt.

Jahrelange Forschungen sind dem an der Bergakademie Freiberg und dem HIF vorausgegangen. „Wenn wir das technisch schaffen, dann ist ein wirtschaftlicher Abbau bei vergleichsweise geringen Investitionen zumindest wahrscheinlich“, sagt Gutzmer. Möglich wird dieser Großversuch durch eine neue Form von Zusammenarbeit eines EU-Projekts (Fame) mit einem vom Bundesforschungsministerium (AFK).

Aus dem Besucherbergwerk Zinnkammern Pöhla wurden jetzt 150 Tonnen Erz geholt. Das Zinn darin ist in Minerale gebunden und so verwachsen, dass es bisher nicht nutzbar war. Bis Ende der 90er-Jahre war das Wismut-Bergwerk in Betrieb. Die Gegend ist daher geologisch gut untersucht. Neue Probebohrungen sind nicht nötig. Das Erz aus Pöhla wird in Freiberg grob zerkleinert, und in Rostock automatisch sortiert mittels einer speziell dafür neu entwickelten Sensortechnik. Erst danach wird alles Nutzbare in Freiberg fein gemahlen auf Körnchen von Millimeterbruchteilen. In einer Art Schaumbad schwebend sollen sich letztlich die guten von den schlechten Körnchen schwebend sortieren. Am Ende, so erklären die Wissenschaftler, ergibt es einen wirtschaftlich gut nutzbaren Zinnrohstoff.

Eine der weltgrößten, aber bisher nicht nutzbaren Zinnlagerstätten im Erzgebirge würde dadurch für den Abbau interessant. Schon jetzt hat der Projektpartner Saxore Bergbau GmbH bei Pöhla eine Aufsuchungsgenehmigung. Eine Abbaugenehmigung würde dann wohl folgen. Etwa 15 Millionen Tonnen sogenannter Komplexerze mit gutem Zinngehalt liegen in dem Gebiet. Ähnliches, bisher nicht nutzbares Gestein, befindet sich aber auch an vielen anderen Stellen im Erzgebirge.

Die neue Technologie der Aufbereitung sei daher ein Pilotprojekt mit großem wirtschaftlichen Potenzial, sagt Gutzmer. Projektpartner Saxore erwäge, ein Bergwerk zu schaffen, bei dem oberirdisch keine Rückstände entstünden. Technisch wäre es durchaus machbar, alle Großtechnik zur Zerkleinerung und Sortierung unter Tage aufzubauen. Wenn das Pilotprojekt bestens laufe, dann könnte so etwas in fünf Jahren vielleicht beginnen.